14. Mai 2024 · 
Wirtschaft

Konnexität missachtet? Kommunen üben scharfe Kritik an Lies‘ Plan für Bauordnung

Der von Bauminister Olaf Lies im Kabinett durchgesetzte Plan, mit einer Novelle der Bauordnung die Vorschriften für Neu- und Umbauten zu vereinfachen, stößt bei den Kommunalverbänden auf massive Bedenken. Im Wirtschaftsausschuss des Landtags sind der Städtetag, der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag am Dienstag auf Distanz zu den Absichten der Regierung gegangen. „Das Land will die notleidende Bauwirtschaft stützen und greift dafür mit beiden Händen in die kommunalen Taschen. Dem Vorhaben erteilen wir eine klare und ebenso deutliche Absage“, betonte Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Städtetages. Marco Trips vom Städte- und Gemeindebund meinte, der geplante Wegfall der Nachweispflicht für Parkplätze bei Bauvorhaben sei „unverständlich und inakzeptabel“: „Dieser unzulässige Eingriff in die kommunale Planungshoheit schränkt die Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort ein.“

Marco Trips | Foto: NSGB

Die rot-grüne Landesregierung verfolgt den Plan, die Reform der Bauordnung möglichst schnell durch den Landtag zu bringen – nämlich schon Mitte Juni. Die Idee dahinter ist, dass mit einer Absenkung von Vorschriften und Standards die Planung für Bauvorhaben verbilligt, vereinfacht und damit auch erleichtert werden kann. Bauminister Lies verspricht sich davon wesentliche Anreize für mehr Bautätigkeit. Wenn alte Gebäude umgebaut, aufgestockt oder erweitert werden, sollen nicht mehr die aktuellen Standards verbindlich dafür sein – sondern diejenigen, die beim Ursprungsbau gegolten hatten.

Das bedeutet, Abstriche von Wanddicke, Lärmdämmung und Brandschutz sind möglich. Auch Fahrstühle müssen nicht zwingend eingebaut werden. Bei Umbauten soll es künftig mehr oder weniger ausreichend sein, das Bauamt der Gemeinde darüber zu informieren. Wenn einige Grundsätze eingehalten werden, soll die Verantwortung für das Projekt bei dem Entwurfsverfasser liegen, also beim Architekten des Bauherrn, nicht beim Bauamt der Kommune. „Das Loslassen des Staates ist der Leitgedanke. Sollten wir einen zu großen Schritt gehen, würden wir später kleinere wieder zurückgehen“, meinte der Minister kürzlich in einer Landtagsdebatte.

Die Kommunalverbände betrachten die Vorschläge kritisch. Es fehle jede Kostenprognose, daher „sehen die Kommunen darin einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich verankerte Konnexitätsprinzip“, sagte Arning und drohte sogar mit einer möglichen Verfassungsbeschwerde beim Staatsgerichtshof in Bückeburg, sofern der Landtag das Gesetz so beschließt. Die Kommunen reiben sich unter anderem an der Vorschrift, dass eine Baugenehmigung als erteilt gilt, sofern die kommunale Behörde nicht innerhalb von drei Monaten eine ablehnende Entscheidung dazu mitteilt. Dies sei „kontraproduktiv“, denn der Grund für die lange Dauer liege meistens in mangelhaften oder unvollständigen Anträgen.

Jan Arning | Foto: NST

Das Zusammenspiel von Änderungen des Brandschutzes und Verringerung der Rettungswege könne die Gefahren erhöhen, wenn das Schutzniveau der Gebäude signifikant abgesenkt werde. Das könne geschehen, sobald die Rettungswege nicht mehr überprüft werden. Gebe es zu wenig Rettungswege, steige der Aufwand für die Retter, also die ohnehin schon stark belasteten Feuerwehrleute. Trips ergänzte, der Verzicht auf die Parkplatz-Nachweispflicht verschiebe das Problem nur „in den öffentlichen Raum“. Wenn nicht mehr die Bauherrn in der Pflicht seien, Stellplätze zu schaffen, müssten die Kommunen das tun. „Es wird ausgeblendet, dass es in Niedersachsen ländliche Räume gibt, die durch den ÖPNV auf absehbare Zeit nicht ausreichend erschlossen werden können“, sagt der Präsident des Städte- und Gemeindebundes. Die Kommunen in Niedersachsen würden bisher jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag einnehmen über die Ablösesumme. Diese zahlen Bauherren, die trotz der Pflicht zur Schaffung von Parkplätzen diese nicht bereitstellen können.

Dieser Artikel erschien am 15.5.2024 in Ausgabe #088.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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