Kommunen blicken mit Sorge auf den E-Scooter-Trend
Seit Ende Juli sind Akku-betriebene Elektro-Roller auch auf Niedersachsens Radwegen und Straßen unterwegs – doch schon nach kurzer Zeit zeigen sich die ersten Probleme. Dirk-Ulrich Mende, Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetags, bemängelt, dass die Kommunen unzureichend auf die Zulassung der sogenannten E-Scooter vorbereitet wurden. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) habe sich zu wenig darum gekümmert und die Konsequenzen nicht bedacht, sagt Mende im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. „Scheuer hat damit etwas angestoßen, was in der gesamten Dimension die Städte jetzt vor große Herausforderungen stellt.“
Der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages kritisiert, dass allein der wirtschaftliche und der Freizeitaspekt im Vordergrund gestanden hätten und auch jetzt noch stünden. Die Kommunen würden aber mit offenen Fragen alleingelassen, etwa mit fehlenden Regelungen zum Parken der Roller. „Es sind überhaupt keine Abstellflächen vorgesehen. Die Roller werden abgestellt, wo man gerade ist“, sagt Mende. Es sei sogar explizit Teil des Angebots, dass die Roller überall stehengelassen werden können.
https://soundcloud.com/user-385595761/stadte-in-niedersachsen-sehen-e-scooter-mit-sorge
Deshalb, so findet Mende, müssen hier die Anbieter in die Verantwortung genommen werden, um zu verhindern, dass die E-Scooter überall in der Stadt die Wege versperren. Eine Sprecherin der Polizeidirektion Hannover bestätigte, es gebe bereits in der ersten Woche Probleme mit wild geparkten Rollern. Vor allem im Bereich von Ampeln stellten diese für Menschen mit einer Sehschwäche ein Hindernis dar, sagt die Polizeisprecherin.
Es sind überhaupt keine Abstellflächen vorgesehen. Die Roller werden abgestellt, wo man gerade ist.
In Hannover startete am 31. Juli der niedersachsenweit erste und bislang einzige kommerzielle E-Scooter-Verleih. Dort werde das Angebot „mit bald 800 Scootern bislang sehr gut angenommen“, erklärt der Unternehmenssprecher auf Rundblick-Anfrage. Auf seiner Homepage verspricht der E-Roller-Anbieter die große Freiheit: Die „Tier Mobility GmbH“ findet, die „tatsächlichen“ Einwohner der Stadt sollten endlich wieder Platz bekommen. Denn täglich würden diese von „Autos und anderen Fahrzeugen“ davon abgehalten, sich frei zu bewegen, heißt es dort im Marketing-Sprech.
Allerdings stellt sich genau dieses Gegeneinander der unterschiedlichen Fortbewegungsmittel auch bei den E-Scootern als Problem dar – denn es fehlt der Platz. „Es ist ein beschränktes Spektrum, was an Verkehrsfläche vorhanden ist. Dort muss nun ein zusätzliches Angebot untergebracht werden“, sagt Mende vom Städtetag. „Es muss neu definiert werden, wer welche Fläche zur Verfügung hat.“ In Niedersachsens Verkehrsministerium zeigt man sich hingegen zuversichtlich, dass E-Roller die öffentlichen Verkehrsmittel auf der sogenannten „letzten Meile“, also auf den letzten Metern vorm Ziel, gut ergänzen könnten. Daraus könne sich auch eine Verringerung des Automobilverkehrs in Innenstädten ergeben.
Es ist ein beschränktes Spektrum, was an Verkehrsfläche vorhanden ist. Dort muss nun ein zusätzliches Angebot untergebracht werden.
Mende vom Städtetag erkennt in den Rollern allerdings eher ein „Fun-Objekt“, das den Nutzern in erster Linie Spaß bereiten soll. Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) sagt dazu: „E-Scooter-Fahren ist eine interessante Alternative für den Stadtverkehr und kann auch Spaß machen.“ Der Spaß höre allerdings da auf, wo andere gefährdet werden, erklärte der Minister.
Immerhin, lobt Mende, habe man den zentralen Einwand des Städtetages aufgenommen. Im Mai hatte der Bundesrat der Verordnung zur Nutzung von Elektrokleinfahrzeugen zugestimmt. Die Länder hatten dem Bundesverkehrsminister eine entscheidende Einschränkung in die Verordnung geschrieben: Die Elektroroller dürfen nicht auf Gehwegen genutzt werden. Das Fahren ist nur auf Radwegen oder (falls es keine Radwege gibt) am rechten Straßenrand erlaubt.
„Ich erwarte von E-Roller-Fahrern, dass sie wirklich nicht auf Gehwegen fahren“, sagt Mende. Auf diesen müsse besonders auf schwächere Verkehrsteilnehmer Rücksicht genommen werden, etwa auf Menschen mit Rollator oder auf Kinder, die längst nicht so gut im Verhalten im Straßenverkehr geschult seien. Mende appelliert an alle Verkehrsteilnehmer, es gehe schließlich nicht um ein Gegeneinander, sondern um ein Miteinander.
Niedersachsens Verkehrsministerium begrüßt die klaren Regelungen in der Verordnung und schätzt das Gefährdungsrisiko ähnlich hoch ein wie bei Fahrrädern. Althusmann fordert die Fahrer von E-Rollern auf, sich erst mit den Fahreigenschaften vertraut zu machen und nur auf den dafür vorgesehenen Flächen zu fahren.