Kirchentag in Hannover wirbt mit Pop-Art-Kampagne
Wer demnächst Menschen trifft, die sich ein Holzstäbchen mit einem weit aufgerissenen Comic-Mund vors Gesicht halten, der sollte wissen: Das sind Menschen, die sich auf den Kirchentag 2025 in Hannover freuen. Vom 30. April bis 4. Mai kommenden Jahres werden rund 100.000 Besucher in der Landeshauptstadt erwartet. Wenn es nach der städtischen Jugend-Dezernentin Susanne Blasberg-Bense geht, dann bildet sich jetzt schon eine „Graswurzelbewegung“, die in sozialen Medien und in der Öffentlichkeit mit dem Kampagnenmotiv ein Zeichen setzt.
Aus dem pinkfarbenen Mund quellen Wort-Balken mit der Losung des Kirchentages: „mutig – stark – beherzt“. „Die Losung passt in diese Zeit wie keine zweite“, sagte Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund am Dienstag bei der Vorstellung der Kampagne. Angesichts von Kriegen und Klimakrise seien mutige Worte und eine starke Haltung gefragt. Die Kampagne, die eine Jury aus mehreren Entwürfen ausgewählt hat, wurde von der hannoverschen Agentur „Kochstraße“ entwickelt. Man merke, dass sie hier vor Ort entstanden sei, ist Blasberg-Bense überzeugt: „Hannover ist eine diverse und weltoffene Stadt. Wir reden miteinander und geben jedem eine Stimme.“ Für diese Vielfalt stehen die Plakatmotive, die Menschen verschiedener Geschlechter und Hautfarben zeigen – jeweils mit dem übergroßen Comic-Mund und der Losung.
Derzeit formulieren viele Menschen das Gefühl, ihnen werde der Mund verboten. Das war ihre erste Assoziation zu dem Motiv der überklebten Münder, berichtete Kristin Jahn, die Generalsekretärin des Kirchentags. „Wir wollen vorurteilsfrei zuhören und in einen Dialog treten, auch wenn es schwierig wird“, kündigte sie an. Später im Gespräch mit Journalisten führte sie das noch weiter aus: „Rassistische Positionen werden nicht eingeladen.“ Die AfD sei nur ein Beispiel für eine Partei, von der keine konstruktive Äußerung auf einem Podium zu erwarten sei.
Bei den Besuchern jedoch werde kein Parteibuch kontrolliert. Ziel sei, Menschen ins Gespräch zu bringen, die ganz unterschiedlicher Meinung sind. Dazu wird es neue Formate geben, bei denen die Besucher nicht nur zuhören und Fragen stellen, sondern in großen Hallen untereinander diskutieren können. Außerdem sollen die großen Gottesdienste zur Eröffnung und zum Abschluss zugänglicher für alle werden, verspricht Jahn. Dazu sollen leichte Sprache verwendet und auch Kinder einbezogen werden.
Eine wichtige Rolle ist für das „Haus der Religionen“ vorgesehen, das zum vorigen Kirchentag in der Landeshauptstadt 2005 entstanden ist. Sich interreligiöser aufzustellen gehört zum Reformprozess, in dem sich der Kirchentag gerade befindet, erläutert Anja Siegesmund. Wie schon 2023 in Nürnberg sollen auch in Hannover Bibelarbeiten im christlich-jüdisch-muslimischen Trialog gehalten werden.
Überschattet wird das Christentreffen vom Missbrauchsskandal. Ein Thementag soll unter dem Motto „Macht – Missbrauch – Verantwortung“ stehen. Mit einem Schutz- und Fürsorgekonzept wollen die Veranstalter dafür sorgen, dass Kinder und Erwachsene auf der Veranstaltung sicher sind, speziell in den Sammelunterkünften. „Die Nummer der Notfall-Hotline muss auf jedes Liederheft gedruckt werden“, meint Kristin Jahn.
Enthüllt wurde das Kampagnenmotiv von zwei Jugendvertretern der hannoverschen Landeskirche, Eduard Hillgert und Kristin Schneider. „Es ist modern, auffällig, minimalistisch“, lobt Hillgert. „Es spricht junge Zielgruppen an, aber nicht ausschließlich.“ Für Schneider zeigt es: „Unsere Kirche will vielfältig sein. Wir wollen in Kirche und Gesellschaft Position beziehen.“ (aba)
Dieser Artikel erschien am 24.04.2024 in der Ausgabe #076.
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