20. Juni 2018 · Bildung

Kindergärten sind beitragsfrei, aber es gibt noch Schönheitsfehler

Der Landtag hat am Mittwoch mit der Mehrheit der Großen Koalition das Kindergartengesetz geändert. Damit ist vom 1. August an der Besuch in den Kindergärten – für alle Jahre – von Elternbeiträgen befreit. Das betrifft die Betreuung von bis zu acht Stunden täglich an bis zu fünf Tagen die Woche. Dort, wo der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz von den Kommunen nur über Tagesmütter abgedeckt werden kann, wird auch diese Betreuungsarbeit erstattet. [caption id="attachment_31578" align="aligncenter" width="780"] Ab dem 1. August sind die Kindergärten in Niedersachsen beitragsfrei - Foto: Gennadiy Poznyakov[/caption] Ebenfalls zum 1. August geht formell die Sprachförderung für Kinder mit besonderem Bedarf von den Grundschulen auf die Kindergärten über – das Land flankiert dies mit 32,5 Millionen Euro, die den Kindergärten dafür gesondert zur Verfügung gestellt werden. Damit die Befreiung von Elternbeiträgen keine finanziellen Löcher in die Haushalte der Kommunen reißt, überweist das Land bis 2022 rund 1,4 Milliarden Euro an die Kommunen. Darin enthalten sind ein Härtefallfonds für solche Kommunen, die bisher recht hohe Elternbeiträge verlangt hatten, und eine Veränderung der Finanzhilfe: Trug das Land bislang 20 Prozent der Personalkosten für die Kindergärten, so steigt der Betrag jetzt auf zunächst 55 Prozent an und in den Folgejahren jeweils um einen Prozentpunkt auf schließlich 58 Prozent. Außerdem soll es weitere Hilfen des Landes geben, unter anderem für Investitionen.
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Sehr lange wurde über die Details dieser Reform diskutiert, und die Große Koalition votierte jetzt geschlossen dafür – gerade noch rechtzeitig, damit das Gesetz gleich nach der Sommerpause am 1. August in Kraft treten kann. Allerdings gibt es noch einige Schönheitsfehler. So ist die Vereinbarung mit den drei Kommunalverbänden, die Ende Mai geschlossen wurde, immer noch nicht von den Beteiligten unterschrieben. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass das Land zugesagte Bundesmittel an die Kommunen übertragen will – etwa 61 Millionen Euro für „Qualitätsverbesserungen“. Die Kommunen würden das Geld gern nutzen für Bauvorhaben, die schon kurzfristig umgesetzt werden können. Dazu aber müsste das Kultusministerium in einen „vorzeitigen Maßnahmebeginn“ einwilligen, aber das ist nicht so rasch möglich, da es um Bundesgeld geht. Zwar sind die Gründe für die fehlenden Unterschriften unter dem Pakt nicht dramatisch, aber eben auch nicht nur formeller Natur.

Kritik von Grünen, FDP und AfD im Landtag

Im Landtag wurde noch einmal sehr heftig über die Reform gestritten – zumal Grüne, FDP und AfD mit reichlich Kritik auftraten. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD), Stefan Politze (SPD) und Mareike Wulf (CDU) verteidigten die Pläne. Julia Hamburg (Grüne) meinte, für die Verstärkung der Sprachförderung in den Kindergärten fänden viele Tagesstätten so schnell nicht das nötige Personal, außerdem sei mit Beginn der Beitragsfreiheit ein Run auf die Kindergärten zu erwarten. Einige Kommunen würden schon überlegen, ob sie die „Randzeiten“ abschaffen – also die Angebote, Kinder morgens schon um 7 statt um 8 Uhr aufzunehmen. Klarer Widerspruch kommt von Politze: „Man wird für den Frühdienst im Kindergarten nicht extra zahlen müssen.“ Außerdem meint Hamburg, die Waldorf-Kindergärten mit ihrem erhöhten Anspruch und höheren Gebühren bräuchten nun klarere Regeln, für welche Leistungen sie die Eltern zur Kasse bitten können und für welche nicht. Ein anderes Problem seien Betriebskindergärten, die von der erhöhten Personalkostenerstattung des Landes nur profitieren dürften, wenn sie ein Drittel ihrer Plätze öffentlich anbieten. Der Kindergarten der MHH aber, der 186 Kinder betreut, könne das gar nicht – und werde für die Einnahmeausfälle nicht erstattet. Björn Försterling (FDP) befürchtet, dass einige Kommunen sich weigern könnten, die höheren Beiträge in den Waldorf-Kindergärten zu erstatten, dies könne diesen Einrichtungen dann erheblich schaden.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #116.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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