Bekommen die Gefangenen, die in den Haftanstalten einsitzen und zu Arbeitseinsätzen verpflichtet sind, für ihre Tätigkeiten ausreichenden Lohn? Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag dazu geurteilt – allerdings mit Blick auf die Vorschriften in Nordrhein-Westfalen und Bayern. Beide Länder müssen ihre Vorgaben nachbessern. Die geltenden Regeln bleiben allerdings bis 30. Juni 2025 in Kraft. Die Entscheidung hat auch Folgen für Niedersachsen.

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Die schon im Justizministerium in Hannover befürchtete drastische Konsequenz indes bleibt wohl erspart. Karlsruhe hat nämlich nicht, wie die klagenden Gefangenen es erhofft hatten, einen Anspruch auf Mindestlohn auch für Arbeit in den Haftanstalten formuliert. Es heißt im Urteil lediglich, dass die Höhe des Entgelts für Gefangene an dem vom Landtag entwickelten Resozialisierungskonzept gemessen werden muss. Ein solches Konzept müsse zeigen, „welchen Zwecken die festgelegte Vergütung dienen soll“.

Vergütung müsste vervierfacht werden

Nach Auskunft des niedersächsischen Justizministeriums beträfe das dann maximal rund 3580 Gefangene, die in niedersächsischen Anstalten einsitzen und laut Gesetz zu einer Beschäftigung verpflichtet sind. Als Vergütung bekommen sie 4,7 Millionen Euro jährlich. Der Betrag könnte, wenn man tatsächlich Mindestlohn-Pflichten als Basis annehmen würde, drei- oder viermal so hoch liegen. Doch diese Forderung hat Karlsruhe nicht aufgestellt.  Das Justizministerium in Hannover betont, dass das Mindestlohngesetz auf der Annahme basiere, dass Arbeitnehmer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages tätig werden. Das treffe aber nicht für Gefangene zu, denn diese seien auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Festlegung zu Arbeiten verpflichtet.



Als Maßstab für die Kalkulation, wie Gefangenenarbeit ausgestaltet werden kann, dienten die „vergleichbaren ortsüblichen Löhne freier Mitarbeiter“. Dabei sei der Status etwa zwischen Behindertenwerkstätten und Heimarbeit anzusiedeln. Zudem gebe es „viele Faktoren, die den Arbeitsprozess und die Wirtschaftlichkeit im Justizvollzug nachhaltig beeinflussen“. Weiter heißt es: „So ist die Produktivität eines Gefangenen nicht vergleichbar mit der eines freien Arbeitnehmers, da Gefangene oftmals nicht an regelmäßiges Arbeiten gewöhnt und auch nicht altersgemäß belastbar sind.“