Wenn sich die Beamten im Ministerium Gedanken über ein neues Gesetz machen, gilt es vieles zu beachten. Auch immer mehr fachfremde Aspekte müssen berücksichtigt werden: Wie wirkt sich ein Vorhaben auf das Klima aus? Wären Männer und Frauen unterschiedlich davon betroffen? Und wie finanziert sich das? Die niedersächsische Kinder- und Jugendkommission möchte jetzt noch eine weitere Korrekturschleife in den Gesetzgebungsprozess mit einbauen. Berücksichtigt werden soll künftig die Frage, inwiefern von einem Gesetzesvorhaben Kinder und Jugendliche betroffen wären.
„Es gibt 1,4 Millionen Kinder und Jugendliche in Niedersachsen. Ihre Perspektive in die politische Entscheidungsfindung einzubeziehen, ist von elementarer Bedeutung“, erklärten Vera Seeck und Ben Meisborn, die amtierenden Vorsitzenden der Kinder- und Jugendkommission, am Freitag in der Landespressekonferenz. Dabei sehen sie bei nahezu allen Ministerien Anknüpfungspunkte. Eine Verengung etwa auf die Bildungspolitik oder die Kinder- und Jugendhilfe greife zu kurz, meinte Meisborn.

Dass Jugendbeteiligung auch in Ministerien funktionieren kann, bei denen man es nicht auf den ersten Blick erwartet, zeige die Bundesregierung. Dort habe ausgerechnet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit einen Jugendbeirat etabliert, berichtete Meisborn.
Die Kinder- und Jugendkommission hat konkrete Handlungsempfehlungen für die Landesregierung und den Landtag erarbeitet:
Nicht immer lassen sich die potenziellen Auswirkungen eines neuen Gesetzes auf Anhieb erkennen. Bei der Kinder- und Jugendkommission ist man aber davon überzeugt, dass die junge Generation nahezu immer von den Folgen berührt sein wird. Wie genau sich Vorhaben der Regierung oder des Parlaments auf Kinder und Jugendliche auswirken können, solle deshalb zu einem frühen Zeitpunkt im Gesetzgebungsverfahren herausgearbeitet werden. Mit diesen „Kinder- und Jugendchecks“ will man aber nicht die zuständigen Ministerien beauftragen, sondern auf bereits etablierte Strukturen zurückgreifen.
Auf Bundesebene gebe es ein Kompetenzzentrum Jugendcheck, das in einem zweistufigen Verfahren die Jugendrelevanz von Gesetzesvorhaben untersucht. Neben dem Bund greife bereits das Land Thüringen auf diese externe Prüfung zurück, die etwa beim Bafög-Änderungsgesetz angewendet worden sei, erläuterte Sönke Deitlaff von der Kinder- und Jugendkommission. Wie genau die wertfreie Prüfung dann anschließend wieder in den Gesetzgebungsprozess einfließen soll, blieb derweil unbeantwortet. Denkbar ist sicherlich, dass die jugendpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen, die Teil der Kinder- und Jugendkommission sind, sich der Ergebnisse annehmen könnten.
Neben der Folgenabschätzung geht es der Kinder- und Jugendkommission aber auch um konkrete Beteiligung junger Menschen. Als neuen Ort dafür schlagen sie eine Kinder- und Jugendkonferenz vor. Bei der lockeren Versammlung sollen Jugendliche ihre Ideen und Anliegen vortragen können und anschließend auch mit Landtagsabgeordneten diskutieren. Die eigenen Ideen kritisch zu reflektieren sei wichtig, um eine gewisse „Demokratie-Kompetenz“ zu entwickeln, sagte Meisborn. Bei der Jugendkonferenz handle es sich aber explizit nicht um ein Parlament, die Teilnehmer müssten nicht gewählt werden und auch Stimmungsbilder seien nicht das Ziel. Man wolle der Zusammenkunft „keinen Gremiencharakter“ geben.
Als Träger einer solchen Konferenz käme beispielsweise der Landesjugendring in Frage, erläuterte Meisborn auf Nachfrage. Aber auch die Landesregierung selbst könnte das Format ausrichten, meinte er. Ein vergleichbares Modell könne man schon in Hessen vorfinden, sowie auf Bundesebene angedockt an das Familienministerium. Bei der Ansprache der Jugendlichen wolle man die Einladungen möglichst breit streuen und es beispielsweise auch über die Landesarbeitsgemeinschaft der offenen Kinder- und Jugendarbeit versuchen, damit nicht nur die üblichen politisch aktiven Jugendlichen aus den Jugendverbänden von Parteien, Kirchen und Gewerkschaften sich einbringen.