7. Feb. 2024 · 
Umwelt

Jäger-Präsident meint: Pläne zum Wolfsmanagement sind eine Lachnummer

Der Präsident der niedersächsischen Landesjägerschaft, Helmut Dammann-Tamke, übt scharfe Kritik am neuen Kurs in der Wolfspolitik. „Bestandsmanagement muss mehr sein als zu zählen und auf Rissereignisse zu reagieren“, sagte der frühere CDU-Landtagsabgeordnete im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Der Vorschlag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sei „medial verpufft“. Diese hat im vergangenen Herbst auf Drängen Niedersachsens einen neuen Plan vorgelegt, wodurch der Abschuss von Wölfen in Problemregionen künftig vereinfacht werden soll.

Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen | Foto: DJV/Kapuhns, Montage: Link

Seit Beginn des Jahres gilt deshalb, dass für 21 Tage und in einem Radius von einem Kilometer rund um einen Nutztierriss auf einer geschützten Weide die sich nähernden Wölfe ohne vorherige Identifizierung des eigentlichen Tätertiers „entnommen“ werden dürfen. Noch hat zwar kein Bundesland die entsprechenden Problemregionen, in denen die vereinfachten Ausnahmeregelungen gelten sollen, formal festgelegt. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) hatte allerdings Anfang des Jahres angekündigt, bis es so weit sei, mit entsprechenden Ausnahmegenehmigungen zu operieren, die auf das erhöhte Risiko in einer Region verweisen.

In der kommenden Woche will Meyer nun gemeinsam mit Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) das konkrete Vorgehen mit den Betroffenen erörtern. Vorgesehen ist dies beim nächsten „Dialogforum Weidetierhaltung und Wolf“, das am Montag in Hannover stattfinden soll. Dabei soll der erste Entwurf einer Landesverordnung vorgelegt werden. Bislang blieb ungeklärt, nach welchen Kriterien die Problemregionen festgelegt werden: nach drei- oder nach sechsmaligem Überwinden des Herdenschutzes? Sowie die Frage, für welchen Zeitraum diese Feststellung gelten soll: für sechs oder zwölf Monate?

Dammann-Tamke kritisiert nun, dass Meyers Ministerium bislang noch nicht im Vorfeld das direkte Gespräch mit der Jägerschaft gesucht habe. Diese ist in Niedersachsen mit ihrem Landesverband nicht nur für das Wolfsmonitoring verantwortlich, sondern gehört auch zu jenem Kreis der jagdrechtlich Berufenen, die am Abschuss eines Wolfes mitwirken könnten. Hier allerdings verbirgt sich ein erster kritischer Punkt: Wer darf eigentlich schießen? Und wie wird das im Detail geregelt? Das Umweltministerium erläuterte, dass die Genehmigung zum Schnellabschuss einen Tag vor Inkrafttreten anonymisiert vom Ministerium veröffentlicht werden würde – mit grober Angabe der Region beziehungsweise des Landkreises, aber ohne Nennung der konkreten Weide, um Störungen zu vermeiden. Die Abschusserlaubnis gelte aber nicht automatisch für jeden Jäger, in dessen Revier der Nutztierriss passiert ist, sondern nur für bestimmte Jagdberechtigte, die vorher festgelegt wurden.

Dammann-Tamke wirft nun die Frage auf, wie das in der Praxis aussehen soll, wenn theoretisch eine unbekannte Person im Revier eines anderen Jägers tätig werden soll. Hier spielen auch Sicherheitsfragen eine Rolle: „Wissen die Jäger voneinander?“ Dammann-Tamke skizzierte, dass es möglich wäre, dass theoretisch zwei Schützen an verschiedenen Seiten derselben Wiese ansitzen könnten – der eine zum Beispiel um Schwarzwild zu erlegen, der andere dann mit dem Auftrag einen Wolf zu schießen – und sich so gegenseitig gefährden oder blockieren könnten, wenn sie nichts voneinander wissen. Weiterhin, so der Jägerschafts-Präsident, sei in der Zwischenzeit zu dem als Durchbruch gefeierten Beschluss der Umweltministerkonferenz die Erkenntnis gereift, dass der Elterntierschutz nicht gewährleistet sei.

„Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel, ob es eine rechtssichere Verordnung geben wird. Unter Einbindung der Jägerschaft hätte man da wesentlich früher draufkommen können.“ Darüber hinaus stellt Dammann-Tamke weitere praktische Fragen: Warum wurde dieses Verfahren, wenn es doch ohne Gesetzesänderung möglich sein soll, nicht bereits früher angewendet? Und was soll ein Abschussradius von einem Kilometer bringen, also ein Areal von 3,14 Quadratkilometern bei einem Wolfsrudel-Territorium von hunderten Quadratkilometern?

Dammann-Tamke zieht auch in Zweifel, ob Meyers Behörden ein Verwaltungsverfahren zustande bringen werden, das tatsächlich bereits am Tag nach einem Nutztierriss den Abschuss erlaubt, denn nur dann – also im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem Riss – sei ein solches Vorgehen wirklich erfolgsversprechend. Der Jäger-Präsident meint zudem, dass für den dann beginnenden dreiwöchigen Zeitraum erst einmal entsprechendes Personal, das im Dauereinsatz vor Ort bleibt, von allen sonstigen Aufgaben freigestellt werden müsste, um dann im Schichtdienst auf den wiederkehrenden Wolf zu warten. „Das Verfahren ist eine Lachnummer. Es handelt sich dabei um ein Wolfs-Riss-Management und nicht um ein Bestandsmanagement. Wir können noch immer erst dann tätig werden, wenn der Wolf zugeschlagen hat.“

Dammann-Tamke erklärt, dass die Erwartungshaltung in weiten Teilen der Bevölkerung – insbesondere im ländlichen Raum – längst eine andere sei: „Nichts anderes als das, was sich sowohl die Bundesregierung als auch die niedersächsische Landesregierung selbst in ihre Koalitionsverträge geschrieben hat – ein regional differenziertes Bestandsmanagement.“ Dabei bekräftigte er: „Niemand, der seriös ist, will den Wolf ausrotten. Aber die Hardcore-Schützer wollen den Vollschutz des Einzeltieres. Das ist aber nicht möglich.“ Der Jäger-Präsident erwartet, dass der Ernährungsdruck weiter steigen werde, da die Rotwildpopulation vielerorts abnehme und der Wolf deshalb künftig vermehrt auf Weidetiere gehen könnte.

Dieser Artikel erschien am 8.2.2024 in Ausgabe #024.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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