IW-Studie zeigt: Emsland, Oldenburg, Verden, Hamburger Umland und Gifhorn steigen auf
Eine bemerkenswerte Studie ist jetzt vom „Institut der Deutschen Wirtschaft“ (IW) vorgelegt worden. Dabei haben die Autoren Johannes Ewald, Vanessa Hünnemeyer und Hanno Kempermann die Lebensqualität, die Wirtschaftsentwicklung und den Arbeitsmarkt untersucht – und zunächst ein Ergebnis festgestellt, das bekannt vorkommt: Bei den Niveauvergleichen gibt es ein starkes Süd-Nord-Gefälle, bayerische, baden-württembergische und hessische Regionen schneiden besonders gut ab, solche in NRW oder Niedersachsen eher nicht. Aber im zweiten Schritt wurde auch nach verschiedenen Kriterien die „Dynamik“ bewertet – und in einem dritten Schritt sind dann einige „Aufsteiger“ definiert worden. Damit sind Regionen gemeint, die sich noch auf einem schwachen Niveau befinden, aber eine ordentliche Aufwärtsentwicklung an den Tag legen und nach Einschätzung der Autoren gute Chancen haben, ihre Position wesentlich zu verbessern.
Was diese „Aufsteiger“ anbelangt, liegen nun etliche auch in Niedersachsen. Dies betrifft die Kreise Grafschaft Bentheim und Emsland, Osnabrück und Cloppenburg, Ammerland und Oldenburg, Verden, Rotenburg (Wümme), Stade und Harburg, sowie Gifhorn und die Stadt Braunschweig. All diese Regionen liegen in der Zustandsbeschreibung, dem gegenwärtigen Niveau, nicht im vorderen Feld – aber ihre Dynamik ist entsprechend stärker und damit sind die Wachstumsaussichten nicht schlecht. Ebenfalls in diese Kategorie, wenn auch leicht schwächer ausgeprägt, kommen noch weitere Regionen: die Kreise Wittmund und Friesland, die Stadt Wilhelmshaven, die Kreise Cuxhaven, Nienburg, Heidekreis, Lüneburg, Uelzen, Helmstedt, Wolfenbüttel, Peine, Hannover, Hildesheim, Schaumburg und Hameln-Pyrmont.
„Die positiven Werte fast aller niedersächsischer Regionen im Blick auf die Dynamik können als Anzeichen gewertet werden, dass Niedersachsen im Wettbewerb mit süddeutschen Ländern Fortschritte macht.“
Arno Brandt
Nach dieser Darstellung, die aus der IW-Studie folgt, sähe es allenfalls weniger gut aus für die Kreise Vechta und Diepholz, Leer und Aurich, Holzminden, Northeim, Goslar, Göttingen und Lüchow-Dannenberg – sowie für die Städte Salzgitter und Wolfsburg. Allerdings hängt diese Einschätzung von Vergleichen ab, die auf selbstgewählten Kriterien der Autoren beruhen. Der Lüneburger Wirtschaftswissenschaftler Arno Brandt kommentiert die Resultate der Studie so: „Die positiven Werte fast aller niedersächsischer Regionen im Blick auf die Dynamik können als Anzeichen gewertet werden, dass Niedersachsen im Wettbewerb mit süddeutschen Ländern Fortschritte macht.“ Was den Dynamik-Vergleich der 400 bundesweiten Regionen angeht, fallen einige niedersächsische Kreise mit guten Plätzen auf: Rotenburg/Wümme (23), Cuxhaven (25), Schaumburg (33), Wolfenbüttel (36), Uelzen (37), Ammerland (46) und Holzminden (47).
Erste Region in Niedersachsen landet auf Platz 85
Allerdings zeigt die Untersuchung auch Schattenseiten: Im Niveau-Vergleich landet die erste niedersächsische Region erst auf Platz 85 (Kreis Vechta), dann folgen Harburg, Ammerland, Gifhorn und die Stadt Wolfsburg. Weit hinten im 400-Plätze-Vergleich sind Emden (390), Salzgitter (391), Delmenhorst (392) und Wilhelmshaven (397) angesiedelt. Gerade Wilhelmshaven, das mit dem Jade-Weser-Port und den Wasserstoffprojekten ehrgeizige Ziele verfolgt, könnte sich aber aus dieser Lage lösen. Merkwürdig an der IW-Studie ist allerdings, dass beim Dynamik-Vergleich die Stadt Wolfsburg, Sitz von VW, auf dem vorletzten Rang, nämlich 399, eingestuft wird. Daraus spricht wenig Zuversicht der IW-Autoren mit Blick auf die Chance Wolfsburgs, mit der Transformation am angestammten Ort eine Aufwärtsentwicklung zu erreichen. „Das sollte nicht überbewertet werden“, sagt dazu Brandt. In der IW-Studie heißt es, dass die bisher stark vom Verbrennungsmotor abhängigen Automobilregionen, zu denen auch Salzgitter zählt, zu den „Unterperformern“ zählten – also zu Gegenden, die sowohl beim Ist-Zustand wie bei der Dynamik unterdurchschnittlich sind.
Im bundesweiten Vergleich sind die Hoffnungsschimmer unterschiedlich verteilt – für Niedersachsen eben das Emsland und die Region Oldenburg/Ammerland, zudem Gifhorn, Braunschweig und das Hamburger Umland (einschließlich Rotenburg und Verden). Ansonsten sind es viele Kreise in Schleswig-Holstein, der Großraum Berlin, einige Bereiche in Hessen und mehrere bayerische Kreise an der Grenze zu Österreich.
Dieser Artikel erschien am 10.06.2022 in der Ausgabe #108.
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