1. Nov. 2021 · 
Umwelt

Freilaufende Katzen abschießen? Darüber gibt es Irritation im Landtag

Das große Thema bei der Novelle des niedersächsischen Jagdgesetzes schien bislang die geplante Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht zu sein. In der Sitzung des zuständigen Agrarausschusses des Landtags zeigte sich kürzlich allerdings, dass es der Umgang mit sehr viel kleineren Vierbeinern ist, der für Unmut in Teilen der Bevölkerung und für Irritationen in den Fraktionen sorgt.

Foto: rihaij (Pixabay)

Auslöser für diese öffentliche Erregung ist dabei keine Änderungen, die vorgenommen werden soll, sondern eine Änderung, die nach aktuellem Stand wohl ausbleibt. Im derzeit gültigen sowie im Entwurf des neuen Jagdgesetzes ist ein Passus enthalten, der es Jägern erlaubt, streunende Katzen und sogar Hunde zu schießen, sollten sich diese mehr als 300 Meter von der nächstgelegenen Wohnbebauung herumtreiben. In der Praxis stellen Hunde derweil eher keine nennenswerte Gefahr mehr dar, Katzen werden allerdings von einige Vertretern durchaus als Bedrohung gerade für Wild- und Singvögel angesehen.

Haustierabschuss wurde aus dem 19. Jahrhundert übernommen

In der Expertenanhörung im Agrarausschuss des niedersächsischen Landtags wurde diese Regelung, die den Abschuss erlaubt, nun vonseiten der SPD-Fraktion allerdings wiederholt thematisiert. Mehrere Abgeordnete fragten bei den Fachleuten kritisch dazu nach. Karin Logemann, agrarpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten, erklärte im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick, dass man sich nach anfänglicher Diskussion zwar zuerst entschieden hatte, diese Regelung unangetastet zu lassen. Allerdings bekomme die SPD zahlreiche Stellungnahmen, Anschreiben und auch Petitionen von Tierschützern zu dieser Thematik. „Da müssen wir uns jetzt einen zweiten Blick gönnen“, sagte Logemann.

Deutliche Kritik an der Fortführung der aktuellen Regelung, die den Abschuss erlaubt, äußerte in der Expertenanhörung Dieter Ruhnke, der Landesvorsitzende des niedersächsischen Tierschutzverbandes. Der Haustierabschuss sei aus dem 19. Jahrhundert übernommen, die älteste Erwähnung stamme aus der hannoverschen Jagdordnung von 1850, erläuterte Ruhnke. Inzwischen habe sich aber nicht nur die gesellschaftliche, sondern auch die rechtliche Situation geändert, beispielsweise durch die Aufnahme des Tierschutzes in die niedersächsische Landesverfassung im Jahr 1997.

Katzen-Kastrationspflicht bisher in über 140 niedersächsischen Städten und Gemeinden

Wie aber soll man nun umgehen mit Katzen, die in der freien Natur herumstreunen und sich beispielsweise in Vogelschutzgebieten an streng geschützten Vogelarten genüsslich zeigen? Ruhnke sieht zuallererst die Tierhalter in der Verantwortung. Der Tierschützer meint, das Problem lasse sich durch eine Kastration der Katzen erheblich eindämmen – denn ohne eine unkontrollierte Vermehrung der freilebenden Katzen verringere sich auch die Belastung für die bedrohten Tierarten. Dieser Forderung, dass zuerst die Besitzer der Hauskatzen in der Pflicht seien, schloss sich in der Agrarausschusssitzung auch Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers auf Nachfrage an – betonte allerdings, dass es sich dabei um eine Privat- und keine abgestimmte Verbandsmeinung handelt.

Die Kastrationspflicht für Katzen ist auch für die SPD-Politikerin Logemann ein wichtiges politisches Anliegen. Seit Jahren werde die Katzenkastration über die politische Liste in den Landesetat gebracht, also gefördert, und in Abstimmung mit der Landestierschutzbeauftragten vorangetrieben, sagte sie dem Politikjournal Rundblick. Letztlich bleibt es aber jeder Kommune überlassen, eine Kastrationspflicht für Katzen zu beschließen. Logemann geht nicht davon aus, dass die Landesregierung an dieser Aufgabenverteilung etwas ändern will. Die Sozialdemokratin hofft deshalb darauf, dass viele Kommunen von sich aus diese Pflicht einführen. Bislang gibt es eine derartige Pflicht laut Tierschutzbund in mehr als 140 niedersächsischen Städten und Gemeinden.

CDU ist irritiert über Nachfragen der SPD

In der CDU-Fraktion zeigte man sich im Anschluss an die Sitzung des Agrarausschusses etwas irritiert ob der vielen Nachfragen des sozialdemokratischen Koalitionspartners. Man habe sich koalitionsintern eigentlich darauf verständigt, dieses Thema bei der Novelle nicht anzugehen, hieß es. Damit befinden sich die Christdemokraten inhaltlich auf einer Linie mit der FDP. Deren Agrarpolitiker, der Ausschussvorsitzende Hermann Grupe, erklärte dem Politikjournal Rundblick: „Es geht nicht darum, nach exakt 300 Metern alle Katzen zu erlegen. Wer so etwas tut, dem gehört das Handwerk gelegt. Aber wenn die Katzen verwildern und die Gelege leerräumen, dann muss man etwas tun.“ Der Freidemokrat warb für „Zutrauen in die Verantwortung der handelnden Jäger“. Dass man zusätzlich als Präventivmaßnahme die Katzenkastration vorantreibt, unterstützt er allerdings auch. Die Grünen-Agrarpolitikerin Miriam Staudte spricht sich dafür aus, die Abschussmöglichkeit gänzlich zu streichen und stattdessen die Kastrationspflicht flächendeckend einzuführen. Außerdem sieht sie die Halter der Tiere in der Pflicht, während der Phase, in der die Jungvögel das Fliegen lernen, die Katzen eher im Haus zu halten oder ihnen ein Glöckchen umzubinden.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #194.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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