26. Apr. 2020 · Wirtschaft

IHKN-Chef Schrage sieht Abwrackprämie „nur als zweitbeste Lösung“

Während sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bei seiner Regierungserklärung am Donnerstag noch einmal für eine Wiederauflage der Abwrackprämie für Autos ausgesprochen hat, wird das Ansinnen in Teilen der Wirtschaft eher skeptisch gesehen. Horst Schrage, Hauptgeschäftsführer der niedersächsischen Industrie- und Handelskammer (IHKN), hält eine solche Kaufprämie nur „für das zweitbeste Argument“. Die Unternehmen hätten derzeit vor allem in ihren Lieferketten und in der Logistik Schwierigkeiten. „Viel wichtiger wäre es, Liquidität und Ertragskraft der Unternehmen zu sichern. Hier sollte man mit der Europäischen Union darüber sprechen, die CO2-Strafzahlungen um ein Jahr zu verschieben“, so Schrage, der diesen Weg für die direkteste und effizientes Methode“ hält, um die Unternehmen zu sichern. Stephan Weil hatte allerdings im Landtag bereits angekündigt, die Landesregierung wolle sich für eine neue Kaufprämie einsetzen. Diese solle mit einer CO2- und Stickoxid-Reduzierung in Verbindung gebracht werden. Das bedeutet: Wer – unabhängig von der Technologie - ein verbrauchsärmeres Auto gegen sein aktuelles Modell eintauscht, könnte davon profitieren. Industrie und Handel in Niedersachsen gehen derweil weiterhin düsteren Zeiten entgegen. Schrage sprach von Branchen, „die katastrophal abschmieren“. In der aktuellen Konjunkturumfrage der IHKN kennen die Kurven in nahezu allen Grafiken nur einen Weg: steil nach unten. So fiel der Konjunkturklimaindikator von 102 auf 48 Punkte, ein Absturz, wie es ihn laut Schrage noch nie zuvor gegeben hat. Die Zahlen der Kammer sind etwas mit Vorsicht zu genießen, weil die Antworten der Unternehmen zwischen dem 5. und 15. April eintrafen. Zu dem Zeitpunkt waren noch 42 Prozent der gut 1500 Unternehmen mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Mehr als drei Viertel erwarteten allerdings eine negative Entwicklung. Knapp die Hälfte ging von einem Umsatzrückgang von mehr als zehn Prozent, rund jedes sechste Unternehmen sogar mit einem Rückgang von 25 bis 50 Prozent aus. Kritik übte der IHKN-Hauptgeschäftsführer an der Öffnungsregelung für den Handel, sprach von einer unsäglichen Diskussion. Durch das Abstellen auf Sortimente oder Quadratmetergrößen werde mehr Unverständnis als unbedingt erforderlich produziert. „Besser wären klare Kriterien, man muss auch die Akzeptanz bei den Händlern finden“, sagte Schrage. Nicht nur Industrie und Handel leiden unter den Folgen der Corona-Krise, auch andere Bereiche sind massiv betroffen. Dazu weitere Nachrichten: Besserer Umgang mit Lastwagenfahren: Andreas Busch, parteiloser Bürgermeister der Gemeinde Lehre im Kreis Helmstedt, fordert einen respektvolleren Umgang mit den Menschen, die die Logistik am Laufen halten. Dazu hat er einen Brief an Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Bernd Althusmann geschrieben. Darin fordert er, es möglich zu machen, dass alle  Lastwagenfahrer ihr Essen im Restaurant des Autohofs in Wendhausen an der A2 einnehmen können. Dort könnten sich Trucker derzeit zwar waschen und es gebe auch saubere Toiletten. Das Essen bekämen die Fahrer aber nur in der Plastikbox. Es sei ihnen so nicht möglich, „das Essen würdevoll im Restaurant einzunehmen“. Im Gegenteil, sie müssten sich mit der Plastikbox auch noch 50 Meter vom Restaurant entfernen. Für Busch ein unhaltbarer Zustand. Notbetreuung über die Nachbarn: Die Landesregierung berät derzeit darüber, ob Kinder künftig auch von Nachbarn oder guten Bekannten betreut werden können, wenn damit die Angebote einer Notbetreuung in der Kindergärten nicht genutzt werden müssen. Wie Kultusminister Grant Hendrik Tonne erklärte, werde das aber vermutlich nur nach Anmeldung gehen und möglichst auch kontrolliert, ohne jedoch bürokratischen Aufwand zu verursachen. Maximal fünf Kinder sollten auf diese Weise in einer privaten Betreuung sein. Mit den Kommunen werde verhandelt, in Kraft treten könnte das Modell frühestens ab dem 7. Mai. Schutzmaskenpflicht eingeschränkt: Von heute an müssen alle Niedersachsen beim Einkaufen und als Fahrgäste in Bussen, Bahnen und Taxis eine Mund- und Nasenbedeckung tragen. Für Verkäufer und Busfahrer gilt die Pflicht nicht. Ausnahmen gibt es auch für Kunden und Fahrgäste, bei denen das wegen schwerer Herz- oder Lungenerkrankungen nicht möglich ist. Wer die Maske deshalb verweigert und irgendwann einen Bußgeldbescheid erhält, kann dann mit einem ärztlichen Attest nachweisen, dass er auf den Gesichtsschutz verzichten darf. Kinder unter 6 Jahren brauchen ebenfalls keine Maske. Umstritten war in der Landesregierung, ob man nicht die Untergrenze bei zwölf Jahren ansetzen solle. Heimat-Unterricht wird nicht benotet: Kultusminister Tonne sagte, die Hausaufgaben, die Schüler während ihrer Unterrichtspflicht zuhause leisten, würden nicht benotet – „wie auch übliche Hausaufgaben bisher nicht“. Die Inhalte könnten aber später in Prüfungen abgefragt werden. Friseure müssen dokumentieren: Vom 4. Mai an sollen Friseure wieder Kunden bedienen – aber nur solche, die zwingend ihren Namen, ihre Kontaktdaten und die Zeiten ihres Friseurbesuchs angeben. Das müssen die Friseure für je drei Wochen dokumentieren für den Fall, dass sich jemand infiziert hat und seine Kontakte zurückverfolgt werden müssen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #078.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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