Die IG Metall will im Jahr der Bundestagwahl einen Strategiewechsel in der Rentenpolitik fordern. Das hat der neue niedersächsische IG-Metall-Bezirksleiter, Thorsten Gröger, gestern in Hannover angekündigt. Er forderte, dass das Rentenniveau nicht weiter gesenkt werden dürfen. „Wir brauchen eine Haltelinie. In einem zweiten Schritt muss dann die Entwicklung der Renten wieder an die Entwicklung der Einkommen gekoppelt und im Anschluss das Rentenniveau wieder auf etwa 50 Prozent angehoben werden.“ Derzeit liegt es bei knapp 48 Prozent. Da es um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei, müsse unter anderem der Steueranteil erhöht werden, um das zu finanzieren. Gröger bezeichnete die Rente mit 67 als „eine der größten sozialpolitischen Fehlentscheidungen in der Geschichte der Bundesrepublik“. Viele Beschäftigte seien gezwungen, früher aufzuhören – zum Beispiel, weil die Gesundheit nicht mehr mitmache oder es den Arbeitsplatz nicht mehr gebe. Sie müssten dadurch unverschuldet schmerzliche Rentenabschläge in Kauf nehmen.

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In diesem Jahr will die IG Metall zudem das Thema Arbeitszeit stärker in den Fokus rücken. Die Beschäftigten in Deutschland leisteten einer Studie zufolge ungefähr eine Milliarde Überstunden im Jahr ohne Vergütung, bemängelte Gröger. „Das ist ein absolutes Ärgernis und zeigt, dass die Personaldecke in den Unternehmen sehr dünn ist. Umgerechnet sind das 600.000 Arbeitsplätze.“ Das sei eine Entwicklung, die so nicht weitergehen könne. „Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden.“

In den kommenden Tarifverhandlungen gibt es für die IG Metall laut Gröger keinen Grund zur Zurückhaltung. „Wir haben ein gesundes wirtschaftliches Umfeld und die Grundlage für ein stabiles Wachstum. Die Arbeitnehmer müssen am wirtschaftlichen Erfolg angemessen beteiligt werden“, so Gröger. Der Tarifvertrag in der Metall- und Elektroindustrie läuft am 31. Dezember aus, einen Monat später endet dann der Entgelttarifvertrag bei Volkswagen.

Der 47-jährige Gröger hat am 1. Januar die Nachfolge von Hartmut Meine angetreten, der in den Ruhestand getreten ist. Der gelernte Werkzeugmacher war seit 2010 Geschäftsführer der IG Metall Nienburg-Stadthagen. Zuvor war er unter anderem Betriebsratsvorsitzender beim Automobilzulieferer Faurecia in Stadthagen. Der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, teilte gestern angesichts des Wechsels an der IG Metall-Spitze mit, es sei jetzt Zeit, ein neues Kapitel in der Tarifpolitik aufzuschlagen, das vom Ende her gedacht ist. „Moderne Tarifpolitik sollte heute innovativ sein und Flexibilität zulassen und stärker die Belange des Mittelstandes berücksichtigen. Die Zeit des Krawalls um jeden Preis und die Schützengrabenmentalität der letzten 20 Jahre sollten der Vergangenheit angehören.“ Dafür reiche man der IG Metall und ihrem neuen Bezirksleiter die Hand.