Hochschulen bekommen mehr Freiheit bei Berufungen und neuen Studiengängen
Die Landesregierung und die Landeshochschulkonferenz (LHK) als Dachverband der 20 staatlichen Hochschulen im Lande haben am Dienstag den neuen „Hochschulentwicklungsvertrag“ unterzeichnet. Darin geht es vor allem um zwei Aspekte. Erstens gibt die Landesregierung die Zusage für die Übernahme der Personalkostensteigerungen, zweitens erhalten die Universitäten und Hochschulen mehr Freiraum bei wichtigen Entscheidungen – etwa bei Berufungen oder bei der Einrichtung neuer Studiengänge. Die Laufzeit des Vertrages geht bis Ende 2029, also über das Ende dieser Landtagswahlperiode hinaus.
„Wir geben den Hochschulen damit Planungssicherheit“, erklärte Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD). „Wir haben die vollständige Übernahme der Tarifsteigerungen für das Personal vom Land gefordert – und dies ist uns verbindlich zugesagt worden“, erklärte die Präsidentin der LHK, Osnabrücks Universitätspräsidentin Prof. Susanne Menzel-Riedl. Der CDU-Wissenschaftspolitiker Jörg Hillmer wandte ein, dass dies zwar eine vertragliche Zusage sei, aber noch keine verbindliche Finanzierung. Mohrs und Menzel-Riedl wiederum betonten, dass sich die Landesregierung mit diesem Vertrag fest gebunden habe.
Hochschulen erlangen mehr Autonomie
Ein wesentlicher Punkt ist die jahrelang vorgetragene Forderung der LHK nach mehr Autonomie. In zwei Punkten soll das jetzt geschehen. Erstens soll die „Hochschulentwicklungsplanung“, die jede Hochschule regelmäßig erstellt und mit dem Wissenschaftsministerium abstimmt, als Basis für folgende Festlegungen weitgehend ausreichen. Bisher sei es so, erläutert Prof. Menzel-Riedl, dass bei der Umsetzung dieser Entwicklungsplanung etwa vor der Berufung neuer Professoren noch einmal ein intensiver Abstimmungsprozess mit dem Ministerium erforderlich ist. Dabei spielten Fragen der Bezeichnung und der Profilbeschreibung erneut eine wichtige Rolle. Dieses Verfahren solle nun wegfallen, haben LHK und Landesregierung vereinbart.
Der zweite Punkt betrifft die Einrichtung neuer Studiengänge. Auch dort war bisher eine sehr detaillierte und enge Abstimmung zwischen der jeweiligen Hochschule und dem Ministerium vorgeschrieben. Dies wird jetzt ebenfalls gelockert. Menzel-Riedl hält das auch deshalb für unumgänglich, da private Hochschulen sehr schnell und kreativ mit neuen Studienmöglichkeiten vorpreschten, während die staatlichen Einrichtungen hier wegen der langsamen Entscheidungsabläufe nicht mithalten könnten. Die Neuregelung erleichtere nun die Flexibilität. Mohrs wies aber ausdrücklich noch einmal darauf hin, dass die Absichtserklärung allein nur der erste Schritt ist. „Wir müssen an der Stelle auch noch das Landeshochschulgesetz ändern“, erklärte er.
In einem anderen Themenfeld haben Landesregierung und Hochschulen noch keine Verständigung erzielt – nämlich beim Sanierungsstau für alle Universitäten und Hochschulen, der vor Jahren auf 4,3 Milliarden Euro beziffert wurde, und bei der Grundfinanzierung für die Universitäten, die nach Menzel-Riedls Worten „verbesserungswürdig“ ist. Beide Themen sind im Vertrag erwähnt worden, ohne dass es schon einen Lösungsweg dafür gibt. „Wir haben versprochen, es anzupacken“, betonte Menzel-Riedl. „Das ist eine riesige Baustelle, und wir müssen gemeinsam mit dem Finanzminister zu einer Lösung kommen“, ergänzte Mohrs.
Silke Lesemann (SPD) und Pippa Schneider (Grüne) lobten die neue Vereinbarung. Schneider hob hervor, dass die Hochschulen die Angehörigen von Berufungskommissionen auf „unbewusste Vorurteile“ (im Englischen „unconscious bias“) hinweisen und sie dafür sensibilisieren sollen. Damit ist gemeint, dass beispielsweise weibliche Bewerber keine Nachteile dadurch erleiden sollen, dass sie besonders forsch auftreten. „Tatsächlich gibt es diese unbewussten Zuschreibungen, das Problem wird jetzt beschrieben“, sagte Menzel-Riedl.
Dieser Artikel erschien am 13.03.2024 in der Ausgabe #048.
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