Heftiges Ringen um Krankenhausbetten für Schlaganfallpatienten in Weser-Ems
Wenn jemand einen Schlaganfall erleidet, kommt es auf jede Minute an – und ein freies Bett im Krankenhaus muss in kurzer Zeit erreichbar sein. Das Sozialministerium hat festgestellt, dass im alten Regierungsbezirk Weser-Ems die Versorgung nicht optimal ist. In mehreren Gebieten fehlen die nötigen Betten in den neurologischen Abteilungen der Krankenhäuser.
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Sozialministerin Cornelia Rundt hat nun empfohlen, in den Kliniken zusätzliche Betten zu schaffen. Dies soll maßvoll geschehen, das Ministerium hat einen Kompromissvorschlag entwickelt. Doch eine schnelle Umsetzung scheint fraglich, denn nach Mitteilung des Ministeriums zeigen sich die Kassen als Kostenträger skeptisch. Die Krankenhausgesellschaft reagiert auch reserviert – und das Sozialministerium erklärt auf Anfrage, juristische Schritte der Krankenhäuser seien „nicht auszuschließen“. Jeder Rechtsstreit hätte aber aufschiebende Wirkung – damit wäre die Unterversorgung in Weser-Ems zunächst zementiert.
Für jeden Schlaganfallpatienten ist wichtig, dass er sehr schnell in ein Krankenhaus gebracht werden kann. Die Landkarte des Gebietes Weser-Ems offenbart nun aber, dass es in einigen Bereichen Lücken gibt – so im nördlichen Kreis Emsland, im nordwestlichen Kreis Cloppenburg, den nördlichen Kreis Wittmund und den nördlichen Kreis Wesermarsch. Dort kann es länger als 45 Minuten dauern, bis der Patient in eine Klinik kommt, in der noch ein nicht belegtes Bett vorhanden ist. Die vorhandenen neurologischen Abteilung der Krankenhäuser in Ostfriesland und im Emsland sind mit mehr als 85 Prozent ausgelastet. Ein nicht gedeckter Bedarf wird beim Land in der Größenordnung von rund 100 Betten angegeben.
Die Krankenhäuser selbst haben weit mehr beantragt – nämlich rund 600 Betten. In einem internen Schreiben warnt das Land davor, dass der absehbare Streit zwischen Kliniken, Kassen als Kostenträgern und Kommunen (die den Sicherstellungsauftrag haben) zu nicht hinnehmbaren Verzögerungen führen könne. Die Folgen wären eine schlechter Versorgung und eine Bestrafung der bisherigen Neurologen – weil Fixkostenzuschüsse gekürzt werden könnten.
Kassen wollen kleinere Kliniken
Als Kompromiss schlägt das Sozialministerium nun ein komplexes Modell vor. In den Kliniken Westerstede und Oldenburg sollten je zehn Betten, in Emden 20 Betten in der Neurologie hinzukommen. Eine Neueinrichtung der Neurologie wird empfohlen für Leer (plus 40 Betten, dafür 17 internistische Betten weniger), Lingen (plus 30 Betten, dafür 20 Betten in der inneren Medizin weniger) und Papenburg (plus 30 Betten, dafür 13 internistische Betten weniger). Unterm Strich würde dieser Vorschlag bedeuten, dass 140 neue neurologische Betten entstehen zu Lasten von 50 Betten in anderen Bereichen, die wegfallen. Damit, meint das Sozialministerium, wäre eine gut erreichbare neurologische Versorgung gesichert.
Die Kassen als Kostenträger dringen aber seit längerem darauf, kleine Kliniken (vor allem in Ostfriesland) nicht künstlich am Leben zu erhalten, sondern lieber größere, moderne und leistungsfähige Krankenhäuser zu schaffen. Von daher wird der Kompromissvorschlag mit Skepsis beurteilt. Sie wenden sich auch dagegen, neue neurologische Abteilungen zu schaffen – wie es vom Ministerium für Leer, Lingen und Papenburg vorgesehen wurde.
Eine Verschärfung der Debatte deutet sich also an. Das ist auch deshalb politisch heikel, weil mindestens zwei einflussreiche Landtagsabgeordnete für die vom Sozialministerium vorgeschlagenen und von den Kassen kritisierten Investitionen kämpfen – der bisherige Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) in Papenburg und die SPD-Fraktionsvorsitzende Johanne Modder in Leer. Aus Leer kommt auch CDU-Generalsekretär Ulf Thiele, in Lingen wurde Reinhold Hilbers geboren, der Schatten-Sozialminister von der CDU.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #196.