In Hamburger Wirtschaftskreisen grassiert derzeit die Sorge, die bundesweite Interessenvertretung beispielsweise für die von der Hansestadt geplante Elbvertiefung könne empfindlich geschwächt werden. Auslöser ist die Entscheidung des Präsidiums der Handelskammer Hamburg, Ende 2018 aus einer gemeinsamen Organisation, der IHK Nord, austreten zu wollen. Die Handelskammer, die im April dieses Jahres eine neue Führung eines Vertreters der sogenannten „Kammerrebellen“ bekommen hatte, will Beiträge der Mitgliedsunternehmen senken, den Pflichtbeitrag abschaffen, die Kammerverwaltung verschlanken und „Doppelstrukturen abschaffen“.

Die Rebellen, die sich gegen jahrzehntelang überlieferte Strukturen im Kammerwesen wenden, hadern offenbar auch mit einer gezielt wirtschaftsfreundlichen Ausrichtung der Kammern, die sehr nah an die Interessenverbände der Arbeitgeber angelehnt sei. Bisher sind die „Kammerrebellen“ zwar bei Wahlen außerhalb von Hamburg nicht nennenswert in Erscheinung getreten – doch der jetzt verkündete Austritt aus der IHK Nord wird schon als schwerwiegend angesehen. Der Vorstandschef der Hamburger Sparkasse, Harald Vogelsang, wird im Hamburger Abendblatt so zitiert: „Wenn ausgerechnet die Hamburger Handelskammer aus der IHK Nord austreten sollte, wäre das eine kaum wiedergutzumachende Katastrophe.“

Diskussion über Hamburger Ausstieg

Es geht hierbei vor allem um ein Streitthema, das auch zwischen den Ländern Hamburg und Niedersachsen seit Jahrzehnten regelmäßig die Wogen hochkochen lässt – die geplante Elbvertiefung. Die IHK Nord ist eine Arbeitsgemeinschaft von zwölf norddeutschen Industrie- und Handelskammern aus Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Insgesamt werden von dieser Organisation rund 700.000 Unternehmen vertreten. Mit dieser Bündelung der Interessen bringt die IHK Nord in der Versammlung des DIHK erhebliches Gewicht auf die Waage. Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise mit 17 Kammern im DIHK vertreten, Bayern mit zwölf.

Wenn Hamburg künftig allein marschieren wollte, so lauten warnende Stimmen aus der Hamburger Wirtschaft, drohe man mit den eigenen Positionen gegenüber den mächtigeren anderen Regionalgruppen gnadenlos unterzugehen. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie der DIHK als wichtige Stimme der Wirtschaft zur geplanten Elbvertiefung stellt. Bisher hat die IHK Nord sich klar zugunsten dieser vom Hamburger Senat vehement geforderten Elbvertiefung ausgesprochen – der Hamburger Ausstieg aus der IHK Nord droht nun dort aber das Gewicht der Elbvertiefungsgegner zu erhöhen. So ist es kein Geheimnis, dass die Anhänger des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven oder der Häfen in Bremerhaven und Emden die Elbvertiefung als Konkurrenten des Hamburger Hafens eher skeptisch beurteilen.

Die Diskussion über den Hamburger Ausstieg bei der IHK Nord ist bezeichnend für die insgesamt schwieriger werdende Lage der Kammern. Der überraschende Erfolg der „Kammerrebellen“ in Hamburg hat die Diskussion darüber beflügelt, ob diese Einrichtungen für die Wirtschaft mit ihren Pflichtbeiträgen effektiver, moderner und schlagkräftiger auftreten müssen. In Niedersachsen gibt es sieben Industrie- und Handelskammern. Zur Erhöhung der eigenen Wirkung gegenüber der Landespolitik haben sie Ende 2016 eine eigene Arbeitsgemeinschaft gegründet. Vor wenigen Monaten gab es eine emotionale Diskussion über die Frage, ob die IHK Lüneburg-Wolfsburg mit der IHK Braunschweig verschmelzen sollte – was vor allem im Lüneburger Raum und im Hamburger Umland mit großer Skepsis gesehen und vorerst auch verhindert wurde. Immer wieder gibt es Protagonisten, die mit Fusionen die Organisation der IHK stärken wollen, auf der anderen Seite besteht aber die Sorge von regionalen Unternehmen, in größeren Einheiten drohten die spezifischen Interessen einzelner Kreise und Landschaften unterzugehen.