Der FDP-Finanzexperte Christian Grascha hat „realistische Freibeträge“ für die Grunderwerbssteuer gefordert. Wenn Privatleute zur Vermögensbildung oder Altersvorsorge Immobilien kaufen, solle das Land nicht in gleicher Weise die Hand aufhalten wie bei Unternehmen oder Großinvestoren. „Wenn die Landesregierung ihre Rufe nach Bekämpfung der Wohnungsnot ernst nimmt, dann sollte sie diesen Weg gehen – und darauf verzichten, sich auf dem Rücken von Sparern und Familien gesund zu stoßen“, sagte Grascha dem Politikjournal Rundblick.
Derzeit beträgt der Steuersatz für den Erwerb eines Grundstücks in Niedersachsen 5 Prozent dieses Wertes. Er war 2013 um 0,5 Prozentpunkte angehoben worden. Auf eine Anfrage von Grascha hatte Finanzminister Reinhold Hilbers darüber berichtet, wie sich die Einnahmen Niedersachsens aus dieser Grunderwerbssteuer in den vergangenen Jahren entwickelt haben. Im Jahr 2011 lagen die Einnahmen des Landes in diesem Bereich noch bei 512 Millionen Euro, das steigerte sich dann kontinuierlich über 908 Millionen Euro im Jahr 2016 auf bis zu 1,28 Milliarden Euro im Jahr 2020.
Die Zahl der Steuerbescheide, also der Grundstücksverkäufe, die einen Steuerbescheid des Landes an die Käufer zur Folge hatten, hat sich nicht ähnlich drastisch gesteigert, die Kurve verläuft flacher. So hat es 2012 in Niedersachsen 128.000 steuerpflichtige Vorgänge gegeben, die Zahl steig bis 2020 auf 139.000 an. Daraus zieht Grascha nun den Schluss, dass die Steuereinnahmen trotz nur mäßig steigender Vorgänge erheblich in die Höhe geschnellt sind – das könnte an der Preissteigerung für die Grundstücksgeschäfte liegen. Die FDP hat sich auch noch danach erkundigt, wie lange die Bearbeitung eines Grunderwerbsteuerbescheides im Schnitt dauert, es sind im Schnitt weniger als 40 Tage.
Grascha kritisiert nun, dass nicht nur die Kosten für den Bau oder den Erwerb eines Hauses enorm gewachsen seien – mit Rückwirkungen auf die Mieten. Dadurch, dass das Land stets fünf Prozent des Kaufpreises als Grunderwerbsteuer kassiere, trete dadurch noch einmal eine zusätzliche Preissteigerung ein. Dies beiße sich mit dem Ziel, die Wohnungsnot zu bekämpfen und zur Vermögensbildung der Hauserwerber beizutragen. Die Steuer halte in der derzeitigen Form die Menschen davon ab, sich ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Mit großzügigen Freibeträgen könne man dieses Problem beseitigen.
Was die durchschnittliche Höhe der Grunderwerbsteuer angeht, die allein in der Obhut der Länder geregelt wird, liegt Niedersachsen mit fünf Prozent durchaus im Bundesdurchschnitt. Bayern und Sachsen liegen mit 3,5 Prozent sehr niedrig, beide Länder haben auf eine Anhebung in den vergangenen Jahren verzichtet. Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Thüringen verlangen sogar 6,5 Prozent.

In der Wissenschaft wird seit langem über den Sinn und Zweck der Grunderwerbsteuer gestritten. Manche meinen, mit dieser Steuer werde die Mobilität blockiert und der Eigentümerübergang von Grundstücken und Gebäuden erschwert. Da bei jedem Kaufakt die Grunderwerbsteuer erneut anfällt, lohne sich ein Weiterverkauf eines einmal erworbenen Grundstücks erst nach einigen Jahren – und auch erst nach einer allgemeinen Wertsteigerung. Dem Immobilienmarkt gehe die Dynamik verloren, das behindere auch nötige Modernisierungen.
Kritiker verweisen auch auf die Möglichkeit, die Grunderwerbsteuer zu umgehen – wenn der Eigentümer eine Gesellschaft ist, die durch Änderung ihrer Gesellschafter Veränderungen erzeugt, ohne dass es zum Verkauf von Grundeigentum kommen muss. Finanzminister Hilbers sagte dem Politikjournal Rundblick, er schätze den niedersächsischen Steuersatz als „maßvoll“ ein. Es bestehe daher kein Grund, die Abgabe zu senken. Bewusst habe man sich allerdings wiederholt gegen Forderungen nach einer Anhebung der Steuer entschieden.