24. Sept. 2018 · 
Bildung

Grüne und FDP für einheitliche Fachberatung in den Kindergärten

Die kostenlosen Kindergärten in Niedersachsen sind eingeführt – jetzt beginnt eine neue Debatte um die Qualität der Betreuung dort. Fachberaterinnen von Kindertagesstätten bekommen aus der Politik Unterstützung für ihre Forderung, ihre Arbeit landesweit zu professionalisieren. Bisher gibt es in Niedersachsen 200 bis 300 Fachberaterinnen bei Kommunen oder Trägern. Sie helfen den Kindergärten zum Beispiel bei der Personalplanung, bei pädagogischen Fragen oder in der Elternarbeit. Bei den Johannitern gibt es zum Beispiel zwei volle Stellen für 28 Kindergärten. Karin Schätzlein, Fachbereichsleiterin Bildung- und Erziehung bei der Johanniter-Unfall-Hilfe in Niedersachsen sowie Sprecherin der Niedersächsischen Arbeitsgemeinschaft pädagogischer Fachberatung, beklagt einen landesweiten Flickenteppich. Im Sozialgesetzbuch stehe nur, dass es Fachberatung geben soll. „Es ist allerdings nicht geregelt, mit welcher Ausbildung, in welchem Umfang, in welcher Qualität und mit welchem Schlüssel die Fachberaterinnen tätig sein sollen.“ Einige Kolleginnen müssten mit einer halben Stelle hundert Kindergärten betreuen. So funktioniere es natürlich nicht. Die Arbeitsgemeinschaft fordert, die Fachberatung im Land mit entsprechenden Qualitätsstandards gesetzlich zu verankern. Dazu müsse auch die Finanzierung verbindlich geregelt werden. Unterstützung kommt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung und Erziehung in der Kindheit. In einem Positionspapier heißt es, Fachberatung müsse als „maßgeblicher Faktor für das Entwickeln von Qualität ernst genommen werden“. Langfristig müsse die Fachberatung in Ländergesetzen geregelt und eine Förderung durch öffentliche Mittel sichergestellt werden.

FDP für flächendeckendes Netz für Fortbildungen

Unterstützung für die Forderung kommt von Grünen und FDP im Landtag. „Der Fachberatung kommt eine große Verantwortung zu. Sie ist ein wichtiger Faktor für die Qualität an den Kindergärten“, sagte Julia Hamburg, Sprecherin für Bildung bei der Grünen-Landtagsfraktion, dem Politikjournal Rundblick. Deshalb sei es absolut sinnvoll und konsistent, im Zuge einer Qualitätsdebatte auch die Fachberatung mit in den Blick zu nehmen. Sie sollte nach Hamburgs Ansicht landes- oder im Zuge der Kindergarten-Qualitätsoffensive im Bund auch bundesweit einheitlich gestaltet und somit auch gesetzlich verankert werden, um vergleichbare Bedingungen zu schaffen. Derzeit gebe es in den Kommunen in der Praxis deutliche Unterschiede bei der Fachberatung. Der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling sagte, es gebe über 3000 Kindertagesstätten und nur bis zu 300 Fachberaterinnen. „Das steht natürlich in keinem Verhältnis.“ Försterling erhofft sich durch eine Änderung ein flächendeckendes Netz für Fortbildungen. Mit dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung in Osnabrück habe man dafür schon eine gute Basis, um den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Kindergärten über ein solches Netzwerk zu gewährleisten. Der FDP-Politiker hat aber Zweifel, ob die Landesregierung noch Geld für eine solche Qualitätsoffensive übrig hat. „Man kann das Geld eben nur einmal ausgeben, und es ist jetzt in die beitragsfreien Kindergärten geflossen. Ich sehe gerade keine große Bewegung in der Großen Koalition, um jetzt auch noch die Qualität dort zu verbessern.“

AfD: Brauchen mehr Kindergärtner und nicht mehr Berater

Oberste Priorität bei der Steigerung der Qualität in Kindergärten habe zunächst einmal der Fachkraft-Kind-Schlüssel, sagt Uwe Santjer, Fraktions-Vize der SPD im Landtag. Zudem wolle man die Qualifizierung von Fachberatungen forcieren. Eine Vereinheitlichung bei den Fachberatungen wird seiner Meinung nach dagegen nicht zu einer flächendeckenden Verbesserung führen. „Vielmehr braucht es passgenaue und für die unterschiedlichen Regionen angepasste Lösungen. Dabei könnte ich mir vorstellen, Mindeststandards einzuführen“, sagte Santjer dem Rundblick. Auch Mareike Wulf, Vize-Fraktionsvorsitzende der CDU, setzt auf regional differenzierte Lösungen. „Jeder Ansatz beruft auf Erfahrungen, die Träger vor Ort gemacht haben.“ Wulf zeigte sich offen für einen Ausbau der Fachberatung. Dies könne aber erst der dritte oder vierte Schritt sein. Zunächst müsse die neu eingeführte Beitragsfreiheit umgesetzt und der Fachkräfte-Kind-Schlüssel verbessert werden. „Unser Eindruck war bisher, dass das Hauptproblem der Fachkräftemangel ist und nicht eine fehlende Beratung ist“, sagte der AfD-Bildungspolitiker Harm Rykena dem Rundblick. Eine Ausweitung der Fachberatung würde seiner Meinung nach zu einem Entzug von Fachkräften an den Kindergärten führen, die dort aber viel dringender gebraucht würden „Eine weitere Bürokratisierung und Versteifung von Beratungsangeboten durch eine bundesweit einheitliche Fachberatung halte ich nicht für zielführend“, so der AfD-Politiker. Den Kindergärten würde vor allem Rechtssicherheit durch Rechtskontinuität helfen. „Wenn nicht ständig die Gesetze geändert werden würden, dann gäbe es an den Kindertagesstätten zumindest weniger Bedarf in der Rechtsberatung.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #168.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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