21. Juni 2023 · 
Wirtschaft

Grüne, SPD und CDU halten der AfD in der Energiedebatte einen „Kulturkampf“ vor

Die AfD hatte für die von ihr beantragte „aktuelle Stunde“ im Landtag etwas Besonderes vorbereitet: Auf ein Stichwort, dass ihr Redner Ansgar Schledde in seinem Beitrag aussprach, erhoben sich alle übrigen 17 AfD-Abgeordneten und hielten vorbereitete Plakate hoch – mit der Aufschrift „Keine Heizung ist illegal.“

"Keine Heizung ist illegal": Die AfD-Fraktion provoziert mit einer Plakataktion während einer Sitzung des niedersächsischen Landtags. | Foto: AfD

Dieser Stilbruch in der Parlamentsdebatte löste zunächst ein Raunen aus, das durch den Saal ging. Später sagte Landtagspräsidentin Hanna Naber: „Die zuständigen Gremien werden sich mit der Plakataktion noch zu befassen haben.“ Als daraufhin aus den AfD-Reihen der Zwischenruf „Neuwahlen“ ertönte und einige Abgeordnete zu lachen begannen, fügte Naber hinzu: „Das sollte Sie nicht amüsieren.“

Die Haltung der AfD zur gegenwärtigen Diskussion über das „Gebäudeenergiegesetz“ des Bundes trug dann der Vize-Landesvorsitzende Ansgar Schledde vor: Viele derzeit diskutierte Schritte seien „schier unmöglich umzusetzen“. So seien Wärmepumpen viel zu teuer, ein Fernwärmeanschluss sei nur für eine Minderheit zu realisieren und die Umwandlung der Energieversorgung sei schwierig. „Das Geschlecht lässt sich ja bald viel schneller wechseln als die Heizung“, sagte er und warf den Grünen vor, dass sie „alles bis ins kleinste Detail reglementieren“ wollten.

Ansgar Schledde (AfD) kritisiert im Landtag das geplante Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung. | Screenshot/Plenar-TV

Bei den Rednern der anderen Fraktionen erntete die AfD jedoch keinerlei Verständnis. Heiko Sachtleben (Grüne) meinte, er wolle „den Fehdehandschuh nicht aufnehmen und den Kulturkampf über den Heizungskeller nicht führen“. Das Wesen eines Kulturkampfes sei nämlich, dass er nicht auf eine sachliche Lösung eines Streites abziele, sondern um des Kampfes willen stattfinde. Sachtleben sagte, der Bausektor sei für 30 Prozent der CO2-Emissionen und für 34 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich. Wenn es jetzt um den Austausch der Heizungen gehe, sei keine ideologische Einstellung dafür der Auslöser, sondern die mit internationalen Abkommen unterstützte Einsicht, den CO2-Ausstoß zu verringern.

"Die Heizungstransformation ist keine grüne Ideologie", sagt Heiko Sachtleben (Grüne) und verweist auf die Gesetzgebung in anderen europäischen Ländern. | Screenshot/Plenar-TV

„Klimaschutz ist günstiger als die Bewältigung der Klimakatastrophe“, fügte Sachtleben hinzu und erwähnte als Beispiele die Flut 2021 im Ahrtal oder den Waldbrand 2022 im Harz. Die Rettungs- und Aufräumarbeiten hätten Millionenbeträge verschlungen. Die AfD versperre sich wichtigen Einsichten und wolle lieber an der Kernkraft festhalten und weiter Diesel fahren – was von Beifall aus der AfD-Fraktion bedacht wurde. Sachtleben kommentierte das mit den Worten „nach mir die Sintflut“.

Auch der CDU-Energieexperte André Hüttemeyer ging auf Distanz zur AfD. Das Auftreten dieser Partei und der Hinweis auf die Illegalität von Heizungen sei „Populismus pur“. „Illegal ist vor allem ihr Leugnen des menschengemachten Klimawandels“, sagte der CDU-Politiker.

Seine Partei stehe hinter der „Wärmewende“, und er führe es auf die Einwände der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zurück, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck seine ersten Vorstellungen zum Gebäudeenergiegesetz geändert habe. Die Christdemokraten wollten aber sehr genau schauen, „ob die CO2-Bepreisung tatsächlich eine Lenkungswirkung hat, ob die Fördermittel in der Mitte der Gesellschaft ankommen und ob die Technologieoffenheit wirklich eingehalten wird“.

"Eine Energiewende ist ohne eine Wärmewende nicht zu schaffen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD", sagt André Hüttemeyer (CDU). | Screenshot/Plenar-TV

Der SPD-Wirtschaftsexperte Christoph Bratmann dankte Hüttemeyer für seine Haltung und unterstrich, dass es weltweite Bemühungen um eine Abkehr von den fossilen Brennstoffen gebe – und zwar unabhängig von den parteipolitischen Ausrichtungen der jeweiligen Regierungen. Anders als Hüttemeyer richtete Bratmann den Dank für die Reform des Gebäudeenergiegesetzes nicht an die Adresse der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sondern an die der Länder – auch die der niedersächsischen Landesregierung. „Nach den Hinweisen unserer Regierung sind einige wichtige Veränderungen am Entwurf vorgenommen worden.“

Wissenschaftsminister Falko Mohrs sagte in Vertretung von Wirtschaftsminister Olaf Lies: „Im Sommer wird es einen endgültigen Bundestagsbeschluss zum Gebäudeenergiegesetz geben, dann haben wir mehr Klarheit über die noch offenen Details.“

"Das ist genau das, was wir brauchen": Falko Mohrs freut sich darüber, dass die CDU das Gebäudeenergiegesetz konstruktiv begleiten will. | Screenshot/Plenar-TV
Dieser Artikel erschien am 22.6.2023 in Ausgabe #114.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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