GEW: Die Hälfte der Quereinsteiger als Lehrer bricht die Ausbildung ab
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert den Umgang mit Quereinsteigern beim Lehramt in Niedersachsen. Laut der GEW-Landesvorsitzenden Laura Pooth machen Quereinsteiger inzwischen zehn Prozent der neu eingestellten Lehrer aus. Allerdings breche die Hälfte wieder ab. „Nirgendwo werden Quereinsteiger so ins kalte Wasser geworfen wie in Niedersachsen. Wir brauchen dringend Qualifizierungskonzepte“, forderte Pooth in Hannover.
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Derzeit gebe es im Grunde überhaupt kein Konzept, die Quereinsteiger fingen einfach erst einmal mit dem Unterricht an und bekämen zu wenig Anrechnungsstunden, um die nötigen Seminare zu besuchen. Pooth sieht deshalb erheblichen Nachbesserungsbedarf. Laut GEW haben Quereinsteiger häufig auch finanzielle Gründe für den Abbruch. „Sie werden zum Beispiel mit dem Versprechen angelockt, die Besoldung A13 zu bekommen. Geprüft wird das aber erst nachträglich, und dann stellt die Behörde fest, dass der Quereinsteiger nur mehrere Gehaltstufen niedriger eingruppiert werden kann. Besser wäre es, vorher zu prüfen, bevor man Bewerbern etwas verspricht“, sagte GEW-Landesgeschäftsführer Rüdiger Heitefaut.
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Auch im neuen Schuljahr bleibt der Fachkräftemangel laut GEW akut. Dabei gebe es aber regional große Unterschiede. „Es scheint in den Ballungszentren wie Hannover noch gut zu funktionieren“, sagte Pooth. In ländlicheren Regionen und „weniger beliebten Orten“ werde es aber schwieriger. Als Beispiele nannte Pooth Delmenhorst, Wilhelmshaven, die Wesermarsch und die Landkreise Diepholz, Nienburg, Holzminden, Celle sowie den Heidekreis. Der Fachkräftemangel müsse nun endlich behoben werden, forderte die GEW-Landesvorsitzende. Dazu müssten die Bedingungen verbessert werden. Konkret fordert die GEW Arbeitsentlastung für die Lehrer und die Besoldungsstufe A13 für alle Lehrer. „Wir müssen jetzt klarstellen, dass es so nicht weitergehen kann.“ Unter dem Motto „Es reicht“ plant die Gewerkschaft deshalb eine Großdemonstration in Hannover. Pooth erwartet für den 13. September am Landtag eine vierstellige Anzahl von Demonstranten.
Wie die "Reise nach Jerusalem"
Die zu niedrige Bezahlung ist Pooth zufolge vor allem in den Grenzregionen zu anderen Bundesländern ein Problem. „Andere Länder zahlen besser und können damit Lehrer für Grund-, Haupt- und Realschulen für sich gewinnen. Das ist wie bei der Reise nach Jerusalem. Wer sich nicht bewegt, bekommt keinen Stuhl mehr ab.“ In Bezug auf die Arbeitsbelastung seien inzwischen bis zu 15 Klagen eingereicht. Am Verwaltungsgericht Osnabrück gebe es im Herbst bereits einen ersten Verhandlungstermin. Das Ziel muss Pooth zufolge sein, dass die 40 Stunden-Woche, wie sie für andere Landesbeamte gelte, auch bei Lehrern endlich eingehalten werden könne. Auch der niedersächsische Philologenverband bemängelt, dass das Land „seine Fürsorgepflicht sträflich verletzt“. Es stelle sich daher die Frage, wie das Land junge Menschen für den Lehrerberuf begeistern wolle, wenn es gleichzeitig an vielen Stellen die Rechte der Lehrer verletze, sagte der Verbandsvorsitzende Horst Audritz. „Wer ergreift denn schon gerne einen Beruf, bei dem er seine Rechte immer erst einklagen muss?“Dieser Artikel erschien in Ausgabe #133.