Gestörtes Verhältnis zwischen Beamtenbund und Finanzminister Schneider
Die Wortwahl ist drastisch, sie zeigt eine enorme Verstimmung an. Nach der Erklärung von Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, für die Besoldungserhöhung der Beamten einen Sockelbetrag einzuführen, nämlich 75 Euro monatlich, zeigt sich der Vorsitzende des Niedersächsischen Beamtenbundes (NBB), Friedhelm Schäfer, enttäuscht: „Ich habe Ministerpräsident Stephan Weil um ein sehr kurzfristiges Gespräch gebeten, weil wir das Vorgehen des Finanzministers als offene Konfrontation gegen den NBB betrachten müssen. Dies werden wir nicht akzeptieren.“ Hintergrund der Verärgerung ist die Tatsache, dass sich der Minister vor der Entscheidung mit der zum Beamtenbund gehörenden Deutschen Steuergewerkschaft, der Vertretung der Finanzbeamten, und mit mehreren DGB-Gewerkschaften ausgetauscht hatte, nicht aber mit dem NBB. „Vielleicht“, so mutmaßt nun Schäfer, „ist der Minister auf uns nicht gut zu sprechen, weil wir nicht lockerlassen, die aus unserer Sicht bestehende Unteralimentierung der Beamten in Niedersachsen zu thematisieren. Dabei sollte er doch die Größe haben, über den Streit in der Sache hinwegzusehen.“ Aus dem Finanzministerium heißt es dagegen, Schneider habe sich vor der jüngsten Entscheidung über den 75-Euro-Sockelbetrag mit allen Interessensverbänden zusammengesetzt, die darum gebeten hätten – aber der NBB habe einen solchen Gesprächswunsch nicht geäußert.
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Völlig offen ist, ob der Konflikt noch weiter eskalieren wird. Im Finanzministerium fällt die zuweilen recht scharfe Wortwahl des NBB-Vorsitzenden auf. Schäfer wiederum sieht kaum größere sachliche Konflikte mit dem Minister, hat aber sehr wohl registriert, dass Schneider wiederholt im Landtag strikt gegen Nachbesserungen in der Beamtenbesoldung Stellung bezogen habe. Auch deshalb habe man sich nun an den Ministerpräsidenten gewandt – und ein erstes Gespräch mit Staatskanzleichef Jörg Mielke sei für kommenden Montag vereinbart worden. Die Zuspitzung überrascht vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Verständigung, die Ministerium und Beamtenbund bereits vor mehreren Monaten erzielt hatten. Die in Schneiders Ministerzeit eingeführte Praxis, die Beamtenbesoldung nicht mehr im Anschluss an die Tarifvereinbarung für die Angestellten anzupassen, sondern bereits vorher mit geschätzten Vorab-Beträgen Erhöhungen festzulegen, war vom DGB kritisiert, vom NBB aber begrüßt worden. Dieser Paradigmenwechsel ist eine der größten Reformen in der Besoldungsstruktur. Der nun vergangenen Freitag festgelegte 75-Euro-Sockel stößt beim NBB hingegen auf Vorbehalte. Dies sei „weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein“, meint Schäfer. Tatsächlich bleibe für viele Geringverdiener unter den niedersächsischen Beamten der Abstand zum Sozialhilfeniveau viel zu klein, deshalb seien „größere Schritte“ des Landes nötig.
Finanzminister Schneider sagte gestern gegenüber dem Politikjournal Rundblick, er sei „verwundert über die Reaktion von Herrn Schäfer“. Mit allen Verbänden, die nach dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst einen Kontakt gewünscht hätten, habe er auch geredet – so mit der Steuergewerkschaft und den Vorsitzenden von DGB, Verdi, GdP und GEW. „Herr Schäfer hatte nicht um ein Gespräch gebeten, also habe ich auch nicht mit ihm gesprochen“, erklärte Schneider. Wie es in Landtagskreisen heißt, hatte der NBB wohl gehofft, die Landesregierung werde den Streit um den geringen Abstand der niedrigen Beamten-Besoldungsgruppen zur Sozialhilfe entschärfen, indem sie diese Stufe aufbessert. Das Finanzministerium sieht dazu aber keinen Anlass und hofft auf eine endgültige gerichtliche Klärung dieser Frage. Das OVG Lüneburg hatte vor wenigen Tagen beschlossen, diesen Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #82.