30. Aug. 2018 · 
Soziales

Gesetzliche Krankenversicherung für Beamte? SPD zeigt Sympathie für Vorstoß der Grünen

Ein schon seit längerem vorliegender Antrag der Grünen, das Beamten-Beihilferecht in Niedersachsen zu ändern, hat gestern im Sozialausschuss des Landtags überraschende Unterstützung von der SPD erhalten. Mehrere SPD-Abgeordnete, zuvörderst der Sozialexperte Uwe Schwarz, ließen Sympathie für das sogenannte „Hamburger Modell“ erkennen. In Hamburg haben alle Beamten, die neu eingestellt werden, sowie jene, die bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung sind, künftig eine Wahlfreiheit: Sie können sich zwischen der (bisher üblichen) privaten Krankenversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung entscheiden. Wählen sie die zweite Variante, so zahlt das Land Hamburg als Arbeitgeber die Hälfte des Krankenversicherungsbeitrags als „Beihilfe“. Bisher war es so, dass Beamte in solchen Fällen gar keinen Zuschuss ihres Dienstherrn bekommen hatten. Dieses „Hamburger Modell“ wird in mehreren Bundesländern geprüft, Hessen und Nordrhein-Westfalen haben diesem Weg eine Absage erteilt, Berlin, Thüringen und Brandenburg sind aufgeschlossen. Die zusätzlichen Kosten, die auf Hamburg zufallen, berechnet Dirk Engelmann von der Hamburger Gesundheitsbehörde auf sechs Millionen Euro jährlich. Das sind etwa zwei Prozent der jährlichen Kosten, die für Beamten-Beihilfe in dem Stadtstaat ausgegeben werden. Die Summe bezieht sich auf den recht geringen Teil der Beamten, die jetzt schon freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind und künftig die Hälfte ihres dortigen Beitrags erstattet bekommen. Überträgt man diesen Wert auf Niedersachsen, ebenfalls mit dem Zwei-Prozent-Anteil am Beihilfeaufkommen, so wird von 11,7 Millionen Euro an jährlichen Kosten ausgegangen. Das hatte Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) vor mehreren Wochen mitgeteilt. Nicht gegengerechnet sind dabei die langfristigen Entlastungen, die mit einem solchen Systemwechsel einhergehen können – denn bisher ist die Beamtenbeihilfe mit beträchtlichem bürokratischen Aufwand verknüpft.
Lesen Sie auch: Schluss mit Beamten-Beihilfe? Beamtenbund kündigt Widerstand an
Die klassische Regelung unter anderem in Niedersachsen lautet so: Der Beamte wird Mitglied einer privaten Krankenversicherung, die Belege für die Kosten der Arztbesuche und Medikamente muss er einreichen und bekommt dann nach Prüfung einen Teil der Auslagen dafür über die Beihilfe erstattet. Weil sie einen Sonderstatus haben und vom Staat „alimentiert“ werden, können Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung bisher keine Beihilfe erhalten. Es kommt aber vor, dass Beamte mit chronischen Erkrankungen oder mit Behinderungen Schwierigkeiten haben, von einer privaten Krankenversicherung angenommen zu werden. Oft müssen sie auch horrende Risikozuschläge tragen, vor allem dann, wenn sie schon älter sind und etwa als Quereinsteiger in den öffentlichen Dienst wechseln wollen. Viele von ihnen bleiben dann freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung, tragen bisher jedoch allein alle damit verknüpften Kosten. Das ist auch für kinderreiche Beamte von Vorteil, da sie die kostenlose Familienmitversicherung nutzen können. Nach Worten von Engelmann ist der Hamburger Weg nun ein Mittel, den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber etwa für Quereinsteiger attraktiver zu gestalten. Während der DGB Niedersachsen die Überlegungen begrüßte, zeigte sich der Beamtenbund skeptisch. Landesvorsitzender Martin Kalt lehnte einen „Systemwechsel“ ab, wenn damit ein schleichender Übergang zum Modell der Bürgerversicherung und langfristig eine Aufweichung des Beamten-Status verknüpft werde. Meta Janssen-Kucz (Grüne) meinte, die Große Koalition müsse jetzt sehen, ob sie mit einem neuen System den Wünschen der Beamten entgegenkommen wolle.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #151.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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