Gefälschte Briefe bringen den AfD-Landesvorstand massiv in Bedrängnis
Eine Affäre um offenbar gefälschte Behördenbriefe belastet den Landesvorstand der niedersächsischen AfD. Der parteiinterne Ärger ist so groß, dass Kritiker des AfD-Landesvorsitzenden Armin-Paul Hampel in der heutigen Bundesvorstandssitzung beantragen wollen, den Landesvorstand zu suspendieren und einen Zwangsverwalter einzusetzen.
Hintergrund ist der Unmut in weiten Teilen der Landespartei über die schlampige und nachlässige Vorbereitung der kommenden Wahlen. Die im Februar beschlossene Landesliste für die Bundestagswahl ist immer noch nicht bei Landeswahlleiterin Ulrike Sachs eingereicht worden, inzwischen wird die Zeit für eine möglicherweise notwendige Wiederholung der Listenaufstellung knapp, denn bis 17. Juli müssen alle Unterlagen spätestens eingereicht sein.
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Als das Politikjournal Rundblick vorgestern über die parteiinterne Kritik an diesen Versäumnissen berichtete, warf AfD-Generalsekretär Jens Kestner dem Rundblick „Fake News“ vor und verbreitete über die AfD-Homepage zwei Schreiben der Landeswahlleiterin, in denen der Eingang bestätigt und eine Überprüfung und Unbedenklichkeit der Landesliste bescheinigt wurden. Damit sollte die angebliche Haltlosigkeit der Rundblick-Darstellung belegt werden. Wie sich jetzt herausstellt, handelt es sich bei diesen beiden Schreiben offenbar um Fälschungen. Die Landeswahlleiterin teilte am Donnerstag mit, dass sie Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Hannover eingereicht hat. Oberstaatsanwalt Thomas Klinge erklärte dem Rundblick, diese Anzeige werde jetzt „sorgfältig geprüft“.
Hintergrund des Konflikts ist der Unmut in der Niedersachsen-AfD über die Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl. Im Februar hatten sich dort die Hampel-Anhänger auf ganzer Linie durchgesetzt. Die unterlegene Seite beklagte viele formale Mängel, die von Verstößen gegen die Einladungsfrist bis zur Teilnahme nicht zur Abstimmung berechtigter Mitglieder reicht. Das Landesschiedsgericht wurde angerufen, hatte aber monatelang keine Entscheidung gefällt. Der Landesvorstand wich interner Kritik an der Listenaufstellung aus.
Gestern hieß es inoffiziell aus dem AfD-Vorstand, dass der damalige AfD-Landesschriftführer Heiner Rehnen mit der Einreichung der Landesliste beauftragt worden sei. Er habe schon Mitte Februar versucht, die Unterlagen der Landeswahlleiterin zu übergeben, habe dort aber angeblich „keinen Termin bekommen“ und das Material dann im Innenministerium hinterlassen. Dort sei es „verschwunden“, heißt es. Diese Version wird von der Landeswahlleiterin für unrealistisch gehalten – zumal bisher nicht bekannt ist, dass Rehnen eine Eingangsbestätigung vorweisen könnte. In der AfD-Landesgeschäftsstelle heißt es aber, Rehnen habe im März zwei Briefe von der Landeswahlleitung bekommen, in denen der Eingang der Liste bestätigt und die erfolgreiche Überprüfung mitgeteilt wurde. Das sind die Briefe, von denen Sachs sagt, es handele sich um Fälschungen.
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Wer die Briefe gefälscht haben könnte und ob Teile des AfD-Landesvorstandes hier nicht Opfer einer Fälschung geworden sind, sondern womöglich selbst tätig geworden sind, bleibt bisher ungeklärt. Im AfD-Landesvorstand war am Donnerstag von einer „Zweitschrift“ die Rede, die man jetzt einreichen werde. Sollte es sich um eine Kopie von Listenangaben, Bescheinigungen über die Wählbarkeit und eidesstattlichen Versicherungen der Kandidaten handeln, wäre dies als Grundlage für eine Bestätigung der Liste womöglich unzureichend, denn Originale sind dazu nötig.
Nicht ausgeschlossen wird aber in AfD-Kreisen, dass die Original-Unterlagen noch bei Landesvorstandsmitgliedern liegen und bisher nur versäumt wurde, sie im Innenministerium einzureichen. Womöglich dienten die manipulierten Schreiben dann nur als Vorwand, um die parteiinternen Kritiker ruhig stellen zu können. Bis Redaktionsschluss lag zu diesen Vorgängen und den vielen Mutmaßungen noch keine Stellungnahme des Landesvorstandes vor. Der Aufforderung der Landeswahlleiterin, die mit den falschen Briefen versehene Stellungnahme von der AfD-Homepage zu entfernen, kam die Partei allerdings umgehend nach. Der AfD-Landesvorsitzende Hampel erklärte dem Rundblick gestern Abend, er könne sich „überhaupt nicht erklären, wie es zu den gefälschten Schreiben kommen konnte“.