25. Mai 2023 · 
Inneres

GdP rät: Offener Dialog hilft am besten bei Kritik an der Polizei

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen setzt sich kritisch mit aktuellen Debatten über angebliche rechtsextreme Tendenzen bei der Polizei auseinander. Landesvorstandsmitglied Bernd Dreier sagte im Interview mit dem Politikjournal Rundblick: „Der beste Weg, sich mit Vorbehalten in der Bevölkerung gegenüber der Polizei zu befassen, ist der Weg des offenen Dialogs.“ So habe es auch die GdP gehalten, als die „Grüne Jugend“ im Landtagswahlkampf eine mehrwöchige Ausstellung zu angeblichem Fehlverhalten der Polizei veranstaltet habe.

GdP-Vorstandsmitglied Bernd Dreier nimmt Stellung zur aktuellen Rassismus-Debatte bei der Polizei. | Foto: GdP, Twitter, Montage: Rundblick

„Viele in der Polizei hatten sich sehr über das Vorgehen der ,Grünen Jugend‘ geärgert, der Aufschrei war wirklich groß. Über unsere Jugendorganisation haben wir daraufhin den Kontakt zur ,Grünen Jugend‘ hergestellt, um in den persönlichen Austausch zu kommen und nicht nur übereinander zu sprechen, sondern miteinander“, erklärt Dreier.

Auslöser der jüngsten Debatte in Polizeikreisen, die auch die GdP in Niedersachsen beschäftigt, ist ein Fall aus dem benachbarten Nordrhein-Westfalen. Eine Lehrbeauftragte mit Migrationshintergrund an der Polizeihochschule, die hauptberuflich als Hauptschullehrerin in Gelsenkirchen arbeitet, hatte vor wenigen Tagen getwittert: „Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freundinnen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land.“

Der GdP-Vorsitzende aus NRW hatte daraufhin erklärt, die Aussagen der Lehrbeauftragten seien auf straf- und arbeitsrechtliche Relevanz zu prüfen. Wer sich so äußere, wolle die Gesellschaft spalten. Das entspreche einer Rassismus-Keule, die der Polizei oft entgegenschlage. Die Aussage der Lehrbeauftragten, die Reaktion der Polizei und die Entscheidung der Landesregierung in Düsseldorf, der Lehrbeauftragten keinen neuen Lehrauftrag an der Polizeihochschule zu erteilen, haben nun eine heftige Diskussion in den sozialen Medien ausgelöst. Wie das niedersächsische GdP-Vorstandsmitglied Dreier im Rundblick-Gespräch erläutert, will man die Aussagen des NRW-Partnerverbandes nicht weiter bewerten. Die Polizeigewerkschaft mache aber darauf aufmerksam, dass man in Niedersachsen gute Erfahrungen mit einer Deeskalationsstrategie in solchen Fällen gesammelt habe.

GdP Niedersachsen sieht keinen Grund für "Bürgerbeauftragten"

Gerade in der Ausbildung sei unter anderem die Kompetenzstärkung und Sensibilisierung im interkulturellen Austausch ein wichtiges Thema. Das deutschlandweit einzigartige und von der GdP mit-initiierte Projekt „Polizeischutz für die Demokratie" der Polizeiakademie würde mittlerweile auch von anderen Landespolizei-Behörden als Vorlage für ähnliche Initiativen gelten. Dreier erklärte, es gebe außerdem schon seit vielen Jahren eine Beschwerdestelle im Innenministerium, und die dort vorgetragenen Hinweise „halten sich doch sehr in Grenzen“. Darum sieht die GdP in Niedersachsen nach seinen Worten auch nach wie vor keinen Grund, einen sogenannten „Bürgerbeauftragten“ für die Beschwerden über das Agieren der Polizei einzuführen. Die Absicht zu diesem Schritt hatten SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, konkrete Pläne zur Umsetzung des Vorhabens sind allerdings noch nicht bekannt.

Es gebe auch keine Anhaltspunkte für die Existenz von rechtsextremen Chatgruppen unter Polizisten, wie sie etwa aus Hessen oder Nordrhein-Westfalen bekannt geworden sind. Wenn es solche Vorfälle geben sollte, meint Dreier, müssten diese offen angesprochen und entsprechende Personen aus dem Dienst entfernt werden. „Sobald Kritik am Verhalten der Polizei laut wird, müssen wir darüber reden und uns mit den Vorwürfen auseinandersetzen. Nur auf diesem Weg kann die Polizei Vertrauen in der Gesellschaft gewinnen.“

„Sobald Kritik am Verhalten der Polizei laut wird, müssen wir darüber reden und uns mit den Vorwürfen auseinandersetzen. Nur auf diesem Weg kann die Polizei Vertrauen in der Gesellschaft gewinnen.“

Bernd Dreier, GdP-Vorstandsmitglied

Über konkretes Fehlverhalten in Einzelfällen müsse ebenfalls gesprochen werden. Aktuell hat das Amtsgericht Göttingen einen 33-jährigen Polizisten freigesprochen, der gegen einen am Boden liegenden Passanten mit der Faust vorgegangen sein soll. Der Richter hatte das als „zulässiges Überschreiten der Notwehr“ bezeichnet, da der Polizist vor dieser Eskalation selbst körperlich attackiert worden war und in einer emotional aufgeladenen Situation gehandelt habe. „Wir müssen in solchen Situationen erkennen, dass Polizisten auch nur Menschen sind und Fehler passieren können“, erklärt dazu GdP-Vorstandsmitglied Dreier.

Dieser Artikel erschien am 26.5.2023 in Ausgabe #096.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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