FDP nicht überzeugt vom „Cold Cases“-Konzept des LKA
In den Archiven der niedersächsischen Kriminalpolizei befinden sich zurzeit 268 Fälle, in denen Menschen getötet wurden, ohne dass der Täter ermittelt werden konnte. Der älteste Fall ist ein Raubmord aus dem Jahr 1947, den die Ermittler der Polizeidirektion Lüneburg bisher nicht auflösen konnten. Dazu kommen 26 Fälle von Vermissten, bei denen die Polizei davon ausgeht, dass die Personen ebenfalls getötet wurden. Damit gibt es zurzeit insgesamt 296 sogenannte „Altfälle“ oder neudeutsch: „Cold Cases“. Das gab gestern das Innenministerium bekannt.
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Uwe Lietzau aus dem Referat für Kriminalitätsbekämpfung stellte im Innenausschuss erste Ergebnisse der Untersuchung vor, die das Landeskriminalamt (LKA) seit Februar zu den Cold Cases gemacht hat. Nach der zahlenmäßigen Erfassung der Fälle solle jetzt das gesamte Material digitalisiert und auch den anderen Polizeidirektionen zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus will das LKA die Ermittler bei beim Aufrollen alter Fälle unterstützen, indem es nach Angaben von Lietzau „Hilfestellung beim Setzen von Prioritäten gibt“. Aus Sicht der FDP viel zu wenig, im Cold-Case-Delikte effektiv aufzuklären. „Eine Datenbank ist sinnvoll, aber wenn es nicht auch mehr Personal gibt, das sich mit den Delikten beschäftigt, werden Cold Cases nicht schneller gelöst“, sagt Jan-Christoph Oetjen, innenpolitischer Sprecher der Liberalen.
Denn derzeit sei das Problem bei Cold Cases, dass sich Ermittler hauptsächlich dann mit ihnen beschäftigten, wenn ihnen der Arbeitsalltag die Zeit dazu lässt. „Wenn aber etwas Aktuelles dazwischen kommt, wird der Altfall wieder liegengelassen“, sagt Oetjen. Da Mord nicht verjährt, müssen Akten von ungeklärten Tötungsdelikten in regelmäßigen Abständen wieder geöffnet werden. Oft ist auch eine neue DNA-Auswertungsmethode des LKA ein Grund, um die Akten wieder aufzuschlagen. Aus diesem Grund etwa wurden im vergangenen Jahr die Ermittlungen im Fall der „Göhrde-Morde“ aus den achtziger Jahren wieder aufgenommen – und führten schließlich zum Erfolg. Bei den Routineüberprüfungen allerdings fehlt den Beamten oft die Zeit, um sich tiefgehend mit der Materie zu beschäftigen und einen neuen Ansatz zu finden.
Eine Datenbank ist sinnvoll, aber wenn es nicht auch mehr Personal gibt, das sich mit den Delikten beschäftigt, werden Cold Cases nicht schneller gelöst.
Jan-Christoph Oetjen (FDP)
Oetjen fordert deshalb eine feste Ermittlungsgruppe „Cold Cases“, wie sie in Hamburg besteht. „Auch wir brauchen Spezialisten, die wissen, wie man mit Altfällen umgeht, und die Zeit haben, sich damit zu befassen.“ Lietzau erteilte diesem Konzept eine Absage. Niedersachsen sei regional mit Hamburg nicht zu vergleichen und er habe bisher nicht gehört, dass ein Flächenland eine spezielle „Cold Cases“-Ermittlungsgruppe eingerichtet habe. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter verlangt die Einrichtung von „Cold Cases“-Einheiten, allerdings eine pro Polizeidirektion. Aus Sicht Oetjens wären das zwar ein paar Köpfe zu viel für die Altfälle, aber es sei ein guter Kompromiss, wenn man keine „Cold Cases“-Einheit beim LKA wolle.