
2018 in Moskau über den Roten Platz. Die FDP interessiert sich nun genauer für die Russland-Aufenthalte des Ministerpräsidenten. | Foto Niedersächsische Staatskanzlei/
Pressestelle K. Riggert
Hat es in den vergangenen Jahren Kontakte von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nach Russland gegeben, die über das normale Maß hinausgingen und womöglich sogar anbiedernd gewesen sein konnten? Die FDP hatte dazu mehrere Landtagsanfragen gestellt, und da ihr die Antworten nicht präzise genug erschienen, legte sie einen umfangreichen Fragenkatalog für die jüngste Sitzung des Landtags-Wirtschaftsausschusses nach. Dort ging Staatskanzleichef Jörg Mielke auf das Thema in einem einstündigen Vortrag näher ein.
„Zu Kontakten des Ministerpräsidenten in nicht-amtlicher Funktion besteht keine Auskunftspflicht seitens der Landesregierung.“
Jörg Mielke
Anschließend sagte FDP-Landeschef Stefan Birkner: „Es ist jetzt Aufgabe der niedersächsischen SPD, sich zu den Vermutungen zu äußern. Im Parlament kommen wir jetzt offenkundig nicht weiter.“ Zuvor hatte Mielke auf mehrere Fragen, die Kontakte von Weil etwa zu Altbundeskanzler Gerhard Schröder oder zu dem früheren Russland-Honorarkonsul Heino Wiese betreffen, erklärt: „Zu Kontakten des Ministerpräsidenten in nicht-amtlicher Funktion besteht keine Auskunftspflicht seitens der Landesregierung.“ Weil ist in anderer Funktion auch Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender der niedersächsischen SPD.
Birkner erklärte, die FDP werde die neuen Antworten von Mielke jetzt „intensiv prüfen“. Der Staatskanzleichef selbst hatte zugesagt, die Angaben etwa zu den offiziellen Gesprächen von Weil noch detaillierter darzustellen. Die FDP hätte dann noch die Chance, Akteneinsicht zu beantragen – was jedoch wegen der enormen Mengen an Unterlagen Monate dauern dürfte, bis die Dokumente freigegeben werden. Außerdem dürften sich darin vermutlich keine Hinweise auf Treffen befinden, die Weil etwa mit Schröder oder Wiese außerhalb seiner offiziellen Rolle als Ministerpräsident hatte. „Wenn man das aufklären wollte, könnte wohl nur ein Untersuchungsausschuss mit Zeugenvernehmungen helfen“, sagte Birkner, fügte aber gleich hinzu, dass es bisher für einen solchen Schritt keinen Grund gebe.
Der Verdacht der Freien Demokraten ist indes schon, dass es in Niedersachsens SPD eine „Moskau-Connection“ gegeben haben könnte, zu deren zentralen Figuren neben Altkanzler und Gas-Lobbyist Gerhard Schröder auch der ehemalige russische Honorarkonsul Heino Wiese (einst SPD-Landesgeschäftsführer) gezählt haben könnte. Birkner sagte, sonderbar sei in Mielkes Antworten dieser Vorgang: Zum einen werde erwähnt, dass man wegen des Zeitablaufs nicht genau wisse, ob es weitere als die angegebenen Kontakte mit russischen Vertretern gegeben habe. Dann aber heiße es, Weil habe Schröder zweimal in seinem Büro getroffen – einmal zu seinem Amtsantritt, ein zweites Mal zu einem Anlass, an den man sich nicht mehr erinnere. Mielke fügt dann hinzu: „Bei diesen Gesprächen ging es jedenfalls nicht um das Verhältnis zu Russland oder die deutsche Energiepolitik“. Birkner meint dazu: „Das ist ein Widerspruch: Entweder man weiß es nicht mehr so genau – oder man erinnert sich sehr klar an die Inhalte. Beides gleichzeitig geht nicht.“
Bemerkenswert ist aus Sicht des FDP-Vorsitzenden zudem die Antwort auf die Frage nach der Rolle von Heino Wiese. Der ehemalige Honorarkonsul hatte gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erklärt, Russland-Kontakte an Weil auf dessen Wunsch vermittelt zu haben. In Mielkes Darstellung heißt es aber, man habe keine Hinweise darauf gefunden, dass Weil jemals Wiese um die Vermittlung von Gesprächspartnern gebeten habe. Zu der Frage, ob Teilnehmer von Veranstaltungen mit Weil, die Wiese organisiert hatte, eine Teilnahmegebühr zahlen sollten, antwortete Mielke, dazu sei „der Landesregierung nichts bekannt“.
Birkner sagt, im Falle einer Bestätigung dieser Vermutung werde Weil ein ernstes Problem haben, weil dann Kontakte zum Regierungschef „verkauft“ worden wären. Wiese hat neben seiner einstigen Funktion als Honorarkonsul noch ein PR-Unternehmen, das sich auf Wirtschaftskontakte spezialisiert. Ein anderes Thema sind Gespräche mit russischen Oppositionellen, die wohl während der ersten Reise von Weil als Ministerpräsident nach Russland 2013 weit intensiver waren als bei seinen späteren Russland-Reisen. Dazu sagte Regierungssprecherin Anke Pörksen: „Die späteren Reisen hatten einen anderen Schwerpunkt und bezogen sich mehr auf einzelne Regionen des Landes.“