Das autonome Fahren, also Autos, die sich selbst durch den Verkehr lenken, wird von vielen nicht als Heilsbringer gesehen. Die Deutschen sind Umfragen zufolge ohnehin skeptisch. Fast die Hälfte will nicht in einem vollständig autonom funktionierenden Auto sitzen, und nahezu ein Drittel lehnt sogar teilautonome Fahrzeuge ab, in denen der Fahrer in bestimmten Situationen noch mitentscheiden kann. Das ging kürzlich aus einer Umfrage der Beratungsgesellschaft EY hervor.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Auch Experten warnen vor übertriebenen Hoffnungen. „Wir hören heute viele Werbebotschaften, die nichts mit der Realität zu tun haben. Wir brauchen mehr Sachlichkeit“, sagte der Raumplanungsexperte Heinz Dörr am Freitag bei einem ADAC-Forum zum automatisierten und vernetzten Fahren im Fahrsicherheitszentrum des Automobilclubs in Laatzen. Dörr, Partner einer Beratungsfirma in Wien, machte auf die Herausforderungen aufmerksam, vor denen sowohl die Industrie, aber auch beispielsweise die Behörden stehen.

Wenn Autos miteinander kommunizieren, können sie sich untereinander warnen: Hier eine Technik die es in der neuen Generation des VW Golf bereits geben wird – Foto: MB.

Derzeit fokussierten sich Testläufe vor allem auf die Autobahnen, weil das autonome Fahren im Stadtverkehr wesentlich komplexer sein wird. Dörr rechnet damit, dass es erst ab dem Jahr 2030 Lösungen für das anspruchsvolle Fahren in den Städten geben wird. Der Schlüssel sei bei der Technik nicht das Erkennen von Szenen, sondern die Vorhersage von Szenarien. Das sei „noch schwer in Arbeit“. Dörr zeigte in seinem Vortrag Beispiele dafür, dass die Sache für die Technik oft ausgesprochen kompliziert sei, während das Autofahrer im Alltag intuitiv entscheiden. „Die alltäglichen Szenen im Verkehr wirken trivial, sind für die Technik aber hochkomplex“, erklärte der Raumplaner.

Vernetzung zwischen den Fahrzeugen wird der Erfolgsfaktor

Die Beispiele reichten von unübersichtlichen Tiefgaragenausfahrten über den Wechsel zwischen Stadt- und Landverkehr bis hin zu Fußgängern, die es nicht bis zum Ende der Grünphase über die Ampel schaffen. In den Städten herrsche Unübersichtlichkeit, es gebe zahlreiche tote Winkel und unterschiedlichen Verkehr. Als weitere Herausforderung sieht Dörr die Übergangsphase, in der Menschen in autonomen und teilautonomen Autos gleichzeitig mit Menschen, die ihr Auto noch selbst fahren, auf der Straße unterwegs sein werden.

Wir hören heute viele Werbebotschaften, die nichts mit der Realität zu tun haben.

Die Vernetzung zwischen den einzelnen Fahrzeugen wird Dörr zufolge ein wichtiger Faktor für den Erfolg des autonomen Fahrens sein. Dadurch könnten zum Beispiel Autos erkennen, dass sich ihnen ein Polizeiauto im Notfalleinsatz nähert. „Ohne die Vernetzung werden die Sondereinsatzfahrten schwierig“, so Dörr. Schließlich müssten sich Einsatzfahrzeuge nicht an alle Regeln halten.

Wie die Cloud für mehr Sicherheit sorgt

Die Vernetzung zwischen den Autos schreitet derweil voran. Auf dem Fahrsicherheitsgelände präsentierte zum Beispiel der Autozulieferer Continental ein System, in dem Autos Informationen über den Fahrbahnzustand sammeln und sie in einer Cloud speichern. Autos, die über dasselbe System verfügen, sind damit zum Beispiel gewarnt, wenn es an bestimmten Stellen gefährlich werden könnte.

Im Test auf dem ADAC-Gelände wurde das Fahrzeug zum Beispiel vor einer Kurve mit starkem Aquaplaning gewarnt. Das Auto bremste vor der Kurve selbständig ab, so dass der Fahrer den Wagen sicher durch die Kurve lenken konnte. Ebenfalls präsentiert wurde eine Technik, die bereits in der erst in der vergangenen Woche vorgestellten achten Generation des VW Golf zum Einsatz kommt. Dabei sind Fahrzeuge in der Lage, untereinander zu kommunizieren. So erscheint auf dem Display im Armaturenbrett beispielsweise eine Warnung, wenn Fahrzeuge mit demselben System hinter einer Kurve im Stau stehen.

Sieht unscheinbar aus, kann im Ernstfall aber Leben retten: der „Road Condition Observer“ von Continental – Foto: MB.

Das gesamte Gelände des Fahrsicherheitszentrums wurde derweil kartographiert. Dadurch sind dort Praxistests für autonomes Fahren möglich. Experten erhoffen sich durch das autonome Fahren für die Zukunft einen deutlichen Sicherheitsgewinn. Schließlich lautet bei 90 Prozent aller Unfälle die Ursache: menschliches Versagen.