13. Juli 2022 · 
Umwelt

Es geht um die Schweinswale: Regierung äußert sich zu Naturschutz-Problemen bei LNG-Plänen

Erster Rammschlag an der Umschlaganlage Voslapper Groden. Hier wird künftig eine schwimmende Gasspeicher- und Regasifizierungsanlage installiert. I Foto: Andreas Burmann

In Wilhelmshaven kann es jetzt losgehen: Das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg hat den beantragten „vorzeitigen Baubeginn“ vergangene Woche gebilligt, kurz darauf sagte der Betreiber Uniper zu, trotzdem in aller Sorgfalt die Umweltaspekte prüfen zu wollen - nur eben auch in aller Eile. Wenn die LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Stade gebaut werden sollen, sind einige schwierige Naturschutzfragen zu klären. Das hat die Landesregierung kürzlich in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage der Grünen-Abgeordneten Imke Byl, Meta Janssen-Kucz, Christian Meyer, Gerald Heere und Detlev Schulz-Hendel erklärt. Die Politiker hatten sich nach den näheren Umständen der Planung für schwimmende Entladestationen für Flüssiggas, sogenannte FSRU-Anlagen, und für die fest installierten Terminals erkundigt.

Einleitend erklärt die Landesregierung dazu, dass „der unverzügliche und schnellstmögliche Aufbau einer von Russland unabhängigen Gasversorgung“ derzeit „äußerst dringlich und zwingend erforderlich“ sei. Deshalb sei „die rasche und kurzfristige Errichtung von LNG-Terminals an der niedersächsischen Küste von zentraler Bedeutung“. Dieser werde von der Landesregierung „mit allen Mitteln unterstützt“. Mittelfristig könne das Erdgas durch klimaneutrale Gase ersetzt werden. Was die Auswirkungen auf die Umwelt angeht, liefert die Regierung einige konkrete Angaben: Es gehe um die Vermeidung von Unterwasserschall, damit die Schweinswale nicht gestört werden. Die Rammarbeiten sollen weniger Geräusche produzieren, wenn bestimmte Geräte („Banana Pingers“ und „Seal Scarers“) zum Einsatz kommen. Außerdem werden „Vibrationsrammen“ und „ein Soft-Start bei der Impulsrammung“ angeordnet. Das Biotop an der äußeren Flussmündung könne ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden, zudem drohen Abwässer die Natur zu schädigen.

So könnte die Floating Storage and Regasifaction Unit (FSRU) in Wilhelmshaven einmal aussehen. | Grafik: MU

Beim ersten Rammschlag, der publikumswirksam am 5. Mai organisiert worden war, sind die nötigen Schutzvorkehrungen für die Schweinswale vom Hafenbetrieb N-Ports nicht beachtet worden. Das hat Umweltminister Olaf Lies (SPD) mittlerweile auf eine Landtagsanfrage von Jörg Bode (FDP) eingeräumt. Es hätten vor Start der Arbeiten „Vergrämungsmaßnahmen“ geschehen müssen, was unterblieben sei. Einen „Soft-Start“ mit maßvollem Beginn habe man auch unterlassen.

So stellt sich die belgische Firma „Tree Energy Solutions“ (TES) das neue LNG-Terminal in Wilhelmshaven vor. | Grafik: TES

Auf mehrere Detailfragen der Grünen erklärt die Regierung, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die schwimmenden FSRU-Anlagen, in denen verflüssigtes Erdgas angenommen, entladen, gelagert und wiederverdampft werden soll, spätestens am 31. Dezember 2043 – also in 21 Jahren – enden soll. Wenn ein Folgebetrieb geplant sei, solle dies nur für den Transport von klimaneutralem Wasserstoff und anderer Derivate erlaubt werden. In diesen FSRU-Anlagen könnten jährlich fünf bis zehn Milliarden Kubikmeter Gas bearbeitet werden. Im Bundesgesetz, das den beschleunigten Ausbau von LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Stade und Brunsbüttel regelt, ist die Option für drei FSRU-Anlagen in Wilhelmshaven vorgesehen. Hinzu kommt ein festes Terminal für Flüssig-Erdgas. Zwei dieser drei FSRU-Anlagen sind nun konkret in Planung, die dritte werde „derzeit nicht verfolgt“, heißt es in der Stellungnahme der Landesregierung. Was Stade anbelangt, ist von einer FSRU-Einheit die Rede und einem festen Terminal für Flüssig-Erdgas – gleiches gelte auch für die Pläne im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel. Zu den bundesweiten LNG-Importkapazitäten in der Bundesrepublik habe die Landesregierung derzeit „keine belastbaren Zahlen“.

Quelle: MU

Konkreter äußert sich die Landesregierung dann zu den Plänen für Wilhelmshaven. An der dortigen Brücke der Umschlaganlage Voslapper Groden (UVG) soll ein neuer Anlegerkopf gebaut werden. Das ist kurzfristig nötig, damit die Produkte der Regasifizierungsanlage umgeschlagen werden können. Die Planung und Ausführung liege beim Landesbetrieb N-Ports, der dafür 45 Millionen Euro aufbringen muss. 40 Millionen Euro davon werden abgezweigt aus den Strukturhilfemitteln des Bundes für die Transformation des Steinkohle-Standorts Wilhelmshaven.

In einer Antwort auf eine andere Grünen-Landtagsanfrage betont die Regierung aber, die drei Minister Olaf Lies (Umwelt), Bernd Althusmann (Wirtschaft) und Birgit Honé (Europa) hätten sich verständigt, dass diese Mittel „später wieder für den Steinkohlestandort Wilhelmshaven zurückgeführt“ werden sollten. Außerdem teilt die Regierung mit, dass die Firma Uniper für den Weitertransport des LNG-Gases eine 28 Kilometer lange Gasleitung zum Gasspeicher in Etzel bauen lässt – für 145 Millionen Euro durch den Fernleitungsnetzbetreiber „Open Grid Europe (OGE)“. Wie hoch die Kosten für den Anschluss der zweiten FSRU-Anlage in Wilhelmshaven an die Kaverne in Etzel sein werden, sei der Regierung noch nicht bekannt. Was Stade anbelangt, werden die Kosten des Anschlusses von LNG-Gas an das Gasleitungsnetz in Höhe von 76 Millionen Euro einerseits, dann noch einmal auf 260 Millionen Euro geschätzt.

Dieser Artikel erschien am 14.7.2022 in Ausgabe #132.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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