Darum geht es: Der Streit um eine Erweiterung des Outlet-Centers in Soltau geht in die nächste Runde. Die Investoren klagen gegen einen Bescheid des für Raumordnung zuständigen Landwirtschaftsministeriums. Das Ministerium lehnt die Erweiterung ab. Ein Kommentar von Martin Brüning.

Als ob die Gerichte wegen des Soltauer Outlet-Centers in den vergangenen 20 Jahren nicht schon genug zu tun gehabt hätten. Die Entstehung des Centers ist eine Geschichte des Streits und der Gerichtsverfahren. Bereits 1996 kam es zum Konflikt zwischen Soltau, Bad Fallingbostel und dem Land Niedersachsen. Im Anschluss zog Soltau bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Selbst als 2010 endlich mit dem Bau des Outlets begonnen wurde, musste sich sowohl das Verwaltungsgericht Lüneburg als auch das Oberverwaltungsgericht noch mit der Baustelle befassen.

Keine sechs Jahre nach der Eröffnung kommt es jetzt erneut zum Streit, weil die Investorin Sylvie Mutschler die Verkaufsfläche auf die ursprünglich geplanten 20.000 Quadratmeter verdoppeln möchte. Diesen Wunsch hatte sie bereits im August 2014 geäußert. Das für Raumordnung zuständige Landwirtschaftsministerium will die Diskussion aber lieber gar nicht wieder eröffnen. „Geht alles nicht“, schwingt in zahlreichen raumplanerischen Antworten des Ministeriums mit, das sich auf die ursprünglichen Pläne und Diskussionen beruft. Lieber keinen Ärger verursachen, lautet die Maxime.

Glaubt wirklich jemand, dass es nur einer einzigen darbenden Einkaufsstraße ein Stück weit besser geht, wenn das Center in Soltau nicht erweitert wird?

Mit den Argumenten des Ministeriums landet man wieder beim Debattenstand, den es in Niedersachsen bereits vor zehn Jahren gab. Dabei müssten wir eigentlich weiter sein. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass durch das Outlet-Center Arbeitsplätze und Millioneneinnahmen generiert wurden, von denen auch die Region nicht zu knapp profitiert hat. Die Erweiterung könnte weitere Einnahmen und zusätzliche 1000 Arbeitsplätze bringen. Das Center in Soltau hat sich als großer Mehrwert in der Region erwiesen. Und es hat architektonisch bewiesen, dass sich eine solche Ansammlung von Geschäften harmonisch in ein Gebiet integrieren lässt.

Hinzu kommt, dass sich die Welt weitergedreht hat. In Westmecklenburg soll das Outlet-Center „Wittenburg Village“ entstehen. Nach Wittenburg fährt man aus Hamburg genauso lange wie nach Soltau. Und etwa genauso lange fährt man aus der Hansestadt nach Neumünster. Das dortige Outlet konkurriert seit 2012 mit Soltau und hat etwas, was man in Soltau gerne hätte: 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Das Nein des Landwirtschaftsministerium muss man sich wirtschaftlich leisten können. Kann sich Niedersachsen das leisten?

Erweiterungsblockade hilft nicht

Unweigerlich landet man zudem wieder bei der Diskussion um bedrohte Innenstädte. In Verden, Rotenburg und Lüneburg beobachtet man vermutlich argwöhnisch die Erweiterungsdebatte um das Outlet-Center in Soltau. Es stimmt: die Situation der Einkaufsstraßen hat sich seit 2012 nicht wirklich verbessert. Aber glaubt wirklich jemand, dass es nur einer einzigen darbenden Einkaufsstraße ein Stück weit besser geht, wenn das Center in Soltau nicht erweitert wird? Wer sich darauf konzentriert, Neues zu verhindern, verpasst lediglich die nötige Arbeit am eigenen Standort.

Nicht die Outlet-Center, sondern die Internet-Angebote sind es, die zahlreichen Geschäften den Garaus machen. Und das Internet ist beliebig erweiterbar. Es gibt durchaus Rezepte, die Innenstadt attraktiv zu halten. Dabei können City-Manager, Imagekampagnen und originelle Events helfen – ganz bestimmt aber keine Erweiterungsblockade eines Outlet-Centers. Das ist keine Politik für, sondern gegen die Menschen in der Region.

Die alte Wenn-dann-Theorie funktioniert ohnehin nicht mehr. Auch die Shoppingcenter in den Städten wurden einst als Todbringer für die City-Geschäfte gegeißelt. Inzwischen kämpfen sie genauso mit der Internetkonkurrenz wie alle anderen Läden auch. Statt aber nur über Rückbau und Umnutzung zu sprechen, könnte in Soltau an der A7 ein Geschäftsgebiet einmal erweitert werden. Eigentlich zu schön, um Nein zu sagen.

Mail an den Autor dieses Kommentars