15. Okt. 2015 · 
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Erstaufnahme: Pistorius bittet Kommunen um Amtshilfe

(rb) Hannover. Innenminister Boris Pistorius hat am Mittwoch die kommunalen Spitzenverbände davon unterrichtet, dass die Kommunen im Rahmen der Amtshilfe vorübergehend Flüchtlinge aufnehmen müssen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes sei man trotz aller Anstrengungen an der Belegungsgrenze angekommen. Derzeit kämen täglich deutlich mehr als 1000 Menschen nach Niedersachsen. Innerhalb dieser Woche müsste das Land 4000 neue Plätze schaffen; dies sei aber gegenwärtig nicht möglich. Bereits am Freitag dieser Woche sollen die ersten Flüchtlinge von den Kommunen aufgenommen werden. Nach einem Verteilschlüssel werden zunächst diejenigen Landkreise ins Auge gefasst, in denen es bislang keine Notunterkünfte oder Erstaufnahmeeinrichtungen gibt, kündigte der Innenminister an. Die Rede ist von unmittelbaren Zuweisungen, die sich am jeweiligen Tag im Rahmen von 100 bis 200 Menschen pro betroffene Gebietskörperschaft bewegen. Auf diese Weise sollen zunächst rund 1000 Asylsuchende pro Tag auf die Kommunen verteilt werden. Wie es in der Unterrichtung an die Kommunen weiter heißt, können die Maßnahmen der Amtshilfe auch durch freiwillige Verwaltungsvereinbarungen zwischen Land und Kommune ersetzt werden, die den Kommunen einen deutlich größeren Spielraum bei der Gestaltung der Aufnahme geben. Mustervereinbarungen würden derzeit mit den Spitzenverbänden abgestimmt und sollen spätestens mit Beginn der Flüchtlingsaufnahme am Freitag unterschriftreif sein. Der Innenminister unterstrich, es werde auf Seiten des Landes alles getan, um Unterbringungsplätze zu finden. Es werde jede mögliche Liegenschaft, jede Kaserne, jedes leestehende Krankenhaus oder Bürogebäude geprüft. Früher als andere Länder habe Niedersachsen eine große Zahl winterfester Schnellbauhäuser angeschafft, und die mobile Registrierung laufe unter Hochdruck. Kritik übte Pistorius erneut an der schleppenden Bearbeitung der Asylanträge durch den Bund, die das Land „gnadenlos ausbremst“ und die Systeme verstopfe. „Das Letzte, was wir wollen können, sind Flüchtlinge, die im tiefsten Winter keine andere Wahl haben, als obdachlos durch Deutschland zu vagabundieren“, unterstrich der Minister und warb nachdrücklich um die Solidarität der Kommunen. Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP sprachen von einer „Bankrotterklärung von Rot-Grün in der Flüchtlingsfrage“. Die Kommunen müssten nun deren Untätigkeit ausbaden, sagte CDU-Fraktionschef Björn Thümler. Die Kommunen würden vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl auch dort längst die Kapazitäten erschöpft seien, meinte der FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #189.
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