Innen-Staatssekretär Stephan Manke (SPD) ist am Donnerstag persönlich im Innenausschuss erschienen, um auf die massiven Vorwürfe der CDU zu reagieren. Die Christdemokraten halten Manke vor, gegen nachdrückliche Warnungen aus dem Ministerium ein Disziplinarverfahren gegen Goslars Oberbürgermeister Oliver Junk (CDU) eingeleitet zu haben – und zwar wenige Tage vor der Stichwahl zur OB-Wahl im September 2021, die Junk damals krachend gegen seine SPD-Herausforderin verloren hatte. Das Politikjournal Rundblick hatte über den Fall am 1. Februar 2024 berichtet und sich auf einen vertraulichen Schriftwechsel aus dem Innenministerium bezogen.

Der CDU-Rechtsexperte Christoph Plett erklärte am Donnerstag im Innenausschuss, Manke habe als Mitglied im Goslarer SPD-Unterbezirksvorstand ein Verfahren gegen Junk in Gang gesetzt, um damit kurz vor der OB-Stichwahl der SPD-Gegenkandidatin von Junk einen Gefallen zu tun. Dieser Verdacht bekomme Nahrung dadurch, dass die damalige Referatsleiterin für Kommunalaufsicht im Innenministerium, Maja Kummer, zuvor mehrfach und deutlich von dem Disziplinarverfahren abgeraten habe. Kummer argumentierte, die Fakten dafür seien noch nicht ausreichend gewichtet. Der Schritt sei „unzulässig“, heißt es in damaligen Darstellungen der Kommunalaufsicht. Manke bezog seinerzeit ein anderes Referat des Ministeriums in die Entscheidungsfindung ein – und setzte sich im September 2021 über Kummers Hinweise hinweg.
In einer anderthalbstündigen Befragung im Innenausschuss standen am Donnerstag Manke und Kummers Nachfolger als Leiter der Kommunalaufsicht, Philip Stomberg, Rede und Antwort. Manke sagte, laut Gesetz müsse ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden, wenn es einen Verdacht gibt – der Verstoß müsse aber nicht erwiesen sein. Er räumte aber ein, dass es dazu im Innenministerium „unterschiedliche Ansichten“ gegeben habe. Auch die Verjährung des Hauptvorwurfs, Junk habe in einem Grundstücksgeschäft 2016 eine wichtige Unterlage nicht in die Akten einbezogen, habe keinesfalls festgestanden.
Aus internen Mails wird deutlich, dass Kummer die Verjährung als gegeben ansah (wie es später auch gerichtlich bestätigt wurde). Außerdem schrieb sie Anfang September 2021: "Auch mit Blick auf ein faires Verfahren, die Unschuldsvermutung und die Fürsorgepflicht zugunsten des Beamten darf m.E. bei den bestehenden grundlegenden Zweifeln (noch) kein Disziplinarverfahren eingeleitet werden.“ Mehrfach und nachdrücklich wiederholte Kummer diese Hinweise. Wie Stomberg im Ausschuss erklärte, könne man das Thema rechtlich auch anders einschätzen, wenn etwa die Weigerung Junks, die Unterlage auch 2021 nicht in die Akte zu übernehmen, als neuer Tatbestand gewertet werde. Unter diesem Aspekt gebe es noch keine Verjährung.
Auf CDU-Nachfragen räumte Manke ein, dass er Anfang September 2021 den Entwurf einer Antwort auf eine Anfrage der Goslarschen Zeitung selbst redigiert hatte. Darin hatte Manke geschrieben, das Verhalten von Junk „stellt eine Pflichtverletzung dar, die zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Oberbürgermeister führen wird“. Dieser Satz war dann von Kummer intern beanstandet und aus der Vorlage Mankes gestrichen worden. Zur Begründung erläuterte Kummer in einer internen Mail, man dürfe ein Disziplinarverfahren noch nicht öffentlich ankündigen, sofern es noch nicht eingeleitet sei.
Im Ausschuss sagte Manke jetzt, zu dem Zeitpunkt Anfang September 2021 habe das Verfahren gegen Junk „intern schon festgestanden“, in der öffentlichen Kommunikation über solche Verfahren gegenüber Bürgermeistern verfahre sein Ministerium auch nicht mehr so zurückhaltend wie früher. Der Grund sei, dass die Landesregierung in einem anderen Fall zu mehr Transparenz verurteilt worden sei. Noch ein anderer Hinweis überraschte im Ausschuss: Der SPD-Ratsherr Stefan Eble, der nach Mankes Darstellung ein guter alter Bekannter von ihm ist, wollte im August 2021 im Innenministerium Akteneinsicht nehmen. Manke ließ es sich dann nicht nehmen, selbst mit Eble zu telefonieren. „Ich habe ihm gesagt, dass das nicht möglich ist, da es dafür keine Rechtsgrundlage gibt. Daraufhin hat Eble seinen Antrag zurückgezogen“, erklärte der Staatssekretär. Er könne sich nicht erinnern, in der Sache später mit Eble noch einmal – auf privater Ebene – gesprochen zu haben.
CDU will Gegenüberstellung: Die CDU kündigte nach der Ausschusssitzung an, sie wolle eine Gegenüberstellung von Manke und Kummer erreichen, um beide zu dem Sachverhalt befragen und die Darstellungen abwägen zu können. Kummer hat inzwischen das Innenministerium verlassen und arbeitet jetzt als Personalchefin für Umweltminister Christian Meyer (Grüne).