Dunkle Wolken aus dem Osten: Verlässt Sachsen-Anhalt bald die Nord/LB?
Die Diskussionen über die notwendige Eigenkapitalstärkung der Norddeutschen Landesbank wird von einer strategischen Ungewissheit überschattet: Im benachbarten Sachsen-Anhalt mehren sich die Stimmen, die einen Ausstieg aus der Nord/LB befürworten. Ein Sprecher des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt erklärte dem Politikjournal Rundblick auf Anfrage, man fordere eine Debatte: „Der Verbleib des Landes in dieser Bank muss offen diskutiert werden.“ Sollte Sachsen-Anhalt aussteigen, könnte das womöglich auch einen Abschied der Sparkassen nach sich ziehen. Neben dem Sparkassenverband Niedersachsen sind auch seine Partnerorganisationen aus Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern Miteigentümer der Landesbank.
Den größten bisherigen Anteilseigener, das Land Niedersachsen, brächte das in eine unkomfortable Situation. Bisher hat Finanzminister Reinhold Hilbers wiederholt das Ziel ausgegeben, dass bei einer Beteiligung von Geldgebern die „öffentliche Hand“ mindestens 50 Prozent der Anteile halten soll – nach Möglichkeit jedenfalls. Würde dies unterschritten, droht die Nord/LB aus dem Haftungsverbund der Landesbanken und Sparkassen ausgeschlossen zu werden – ein Schritt, der wegen des komplizierten Übergangs in den Haftungsverbund der Privatbanken offenbar erhebliche Schwierigkeiten nach sich ziehen würde.
Interner Gegenwind für den Gedanken einer Mega-Landesbank
Bisher verteilen sich die Anteile so, dass nach Niedersachsen mit 59,1 Prozent der niedersächsische Sparkassenverband mit 26,4 Prozent der nächstgrößere Eigentümer ist. Es folgen dann das Land Sachsen-Anhalt mit 5,6 Prozent und die Sparkassen aus Sachsen-Anhalt mit 5,3 Prozent, kleinster Eigentümer sind die Sparkassen aus Mecklenburg-Vorpommern mit 3,7 Prozent. Die Aufforderung der Nord/LB an mögliche Investoren, sich zu melden, hat mehrere Interessenten mobilisiert. Darunter sind private Investmentfonds wie Cerberus und Apollo, die Commerzbank und auch öffentliche Institutionen wie die Hessisch-thüringische Landesbank Helaba.
Der Gedanke einer Mega-Landesbank aus Helaba, Nord/LB und Landesbank Baden-Württemberg wird öffentlich diskutiert, erhält aber intern Gegenwind. Hilbers arbeitet nun an einem Modell, das womöglich verschiedene Investoren zusammenführt. Gut vorstellbar ist, dass das Land Niedersachsen dann über sein Beteiligungsmanagement bis zu 2,5 Milliarden Euro zuschießt – der Kapitalbedarf insgesamt wird auf 3,5 Milliarden Euro geschätzt. Eine aufgestockte Beteiligung Niedersachsens, die in der Landtagsopposition in Hannover kritisch gesehen wird, müsste umso intensiver sein, je geringer die Mitwirkung der anderen bisherigen öffentlichen Eigentümer an der Stärkung der Nord/LB ist.
Wie die Diskussion in Magdeburg nun läuft, ist schwer absehbar. Der Landesrechnungshof formuliert seine Haltung drastisch. Der nominale Wert des 5,6-Prozent-Anteils von Sachsen-Anhalt an der Bank, der bei 250 Millionen Euro liegt, sei jetzt bereits „unter 50 Millionen Euro“ gesunken, teilt der Rechnungshof mit und fügt hinzu: „Und auch jeder weitere Euro wäre mit erheblichen Risiken verbunden.“ In Sachsen-Anhalt ist die „Investitionsbank“, die Zuschuss- und Kreditprogramme für Unternehmen abwickelt, der Nord/LB angegliedert. Der Rechnungshof meint nun, diese Investitionsbank könne eine eigene Banklizenz erwerben, was Zeit brauche und teuer sei, oder verselbstständigt werden und über einen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ weiter an die Nord/LB angegliedert bleiben.
Finanzminister André Schröder (CDU) sagt auf Rundblick-Anfrage lediglich, dass die Nord/LB verschiedene Modelle prüfe und eine Entscheidung nicht gefallen sei. Das Land plane weiterhin „keine Kapitalzuführung aus dem Landeshaushalt“. Dem Vernehmen nach steht der Finanzminister in Magdeburg einer weiteren Beteiligung des Landes an der Nord/LB offen gegenüber. Unklar ist, inwieweit er damit in seiner Regierung aus CDU, SPD und Grünen eine Mehrheit hat.