2. Juni 2019 · 
Finanzen

Druck auf das Kabinett wächst: Auch Kommunen fordern Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes

Einen Monat vor der Entscheidung der Landesregierung zu der Frage, welche Ausgaben im Landeshaushalt für 2020 vorgesehen werden sollen, erhöht sich der Druck auf das Kabinett. Nach Gewerkschaften und Beamtenbund haben nun auch die Kommunalverbände erklärt, sie befürworteten die Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Landesbeamte. Einen ähnlichen Plan hatte die SPD-Landtagsfraktion bei ihrer Klausurtagung im März beschlossen – allerdings versehen mit der Einschränkung, dies nur im Fall ausreichender Einnahmen tun zu können. Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) hatte aber nach der Steuerschätzung Mitte Mai wiederholt erklärt, diese selbst gebe „keinen Spielraum“ für zusätzliche Ausgaben – da die Phase der stetig steigenden Steuereinnahmen sich dem Ende neige. Falls man ein Weihnachtsgeld für Beamte einführen wolle, müssten die dafür nötigen Mittel an anderer Stelle gekürzt werden. Seit 2005 ist das Weihnachtsgeld in Niedersachsen abgeschafft, die meisten Bundesländer leisten diese Zahlung. Seit längerem kursiert regierungsintern nun der Plan, allen 134.000 Landesbeamten und 70.000 Pensionären ein Weihnachtsgeld von 500 Euro pro Kopf zu geben. Dies würde jährliche Mehrkosten im Landeshaushalt von 100 Millionen Euro verursachen. Dieses Modell hat allerdings Tücken, denn die 50.000 Landesbeamten, die in den kleinen Besoldungsgruppen unterhalb von A9 eingestuft sind, bekommen bereits ein Weihnachtsgeld. Würde man auch ihnen 500 Euro zusätzlich geben, so wäre der Abstand von A5, A6, A7 und A8 zu A9 unterschritten – dies aber wäre besoldungsrechtlich problematisch. Eine saubere Regelung mit Pauschalbeträgen ließe sich also wohl nur bei einer Neubewertung der Dienstposten machen. Diese aber wäre zeitaufwendig und streitanfällig. Anstelle eines Pauschalbetrages kommt deshalb auch eine prozentuale Anhebung der monatlichen Bezüge als Sonderzahlung in Betracht. Die nächste Frage ist, aus welchen Mitteln ein Weihnachtsgeld finanziert werden kann. Denkbar wäre, dass alle Ministerien eine prozentuale Umlage dafür aufbringen müssen – also „globale Minderausgabe“ beispielsweise. Dies würde Kultus-, Innen- und Sozialressort besonders hart treffen, da sie sehr große Etats haben.

Kritik an geplante Einschränkungen

Wie stark das Thema Weihnachtsgeld die Landespolitik beschäftigt, zeigte sich in der jüngsten Sitzung des Landtags-Haushaltsausschusses. Streitthema dort ist die Frage gewesen, inwieweit der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst auf die Beamten des Landes übertragen werden soll. Für die Angestellten der Länder, in Niedersachsen sind es 81.000, gilt jeweils ab 1. Januar 2019 und 2020 eine Gehaltserhöhung von 3,2 Prozent, ab 1. Januar 2021 von 1,4 Prozent. Außerdem gilt für sie die Regel, dass diese Anhebung mindestens 100 Euro ausmachen muss. Für Pflegekräfte wurde ein Zuschlag von 120 Euro monatlich vereinbart. Im Vorschlag der Landesregierung für eine Übertragung auf die Beamten und Pensionäre ist als Starttermin jeweils der 1. März vorgesehen, nicht der 1. Januar. Außerdem ist der 100-Euro-Sockelbetrag, der die 50.000 Beamten unterhalb von A9 begünstigen würde, nur für 2019 geplant. Den Pflegezuschuss gibt es ebenfalls nicht. An diesen Einschränkungen übten im Haushaltsausschuss Imke Hennemann-Kreikenbohm (DGB), Matthias Schrade (Verdi), Rüdiger Heitefaut (GEW) und Martin Kalt (Beamtenbund) scharfe Kritik. „Wie soll ich den Beamten mit A7 und A8 bei den Berufsfeuerwehren erklären, dass ihre angestellten Kollegen besser bezahlt werden“, fragte Schrade und sprach von „Ungleichbehandlung“. „Der Landtag sollte tätig werden, bevor die Gerichte es tun“, erklärte Heitefaut mit Verweis auf das Bundesverfassungsgericht, das sich demnächst mit der Frage befassen wird, ob die niedersächsische Beamtenbesoldung wegen des Verzichts auf das Weihnachtsgeld verfassungswidrig ist. „Wir haben in fast allen Bereichen schon Personalnot, deshalb hängt von einer guten Bezahlung immer mehr ab“, betonte Kalt. Besonders in der Kommunalverwaltung merke man das, da die Bewerberzahlen deutlich zurückgegangen seien, betonte Schrade. Für die Übertragung des Tarifabschlusses auf die Landesbeamten und Pensionäre in diesem Jahr hatte die Landesregierung zunächst eine zweiprozentige Steigerung vorgesehen, dazu noch einen Reservebetrag von 130 Millionen Euro. Dies sei „knapp kalkuliert“, sagte eine Vertreterin des Finanzministeriums im Haushaltsausschuss. Wenn man nun noch die Erhöhung – wie von DGB, Beamtenbund und auch den Kommunalverbänden gefordert – nicht erst zum 1. März, sondern schon zum 1. Januar rückwirkend in Kraft treten lassen sollte, würde dies den Landesetat um 56 Millionen Euro zusätzlich belasten. Die Rückendeckung der Kommunalverbände für Gewerkschaften und Beamtenbund in dieser Streitfrage kam Ende Mai kurz und knapp. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände erklärte in einem kurzen Schreiben: „Wir regen eine nicht nur wirkungs-, sondern auch zeitgleiche Übertragung des jüngsten Tarifabschlusses auf die Beamtenschaft, sowie die Wiedereinführung von Weihnachtsgeld in Abhängigkeit von der monatlichen Besoldung an.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #102.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail
Alle aktuellen MeldungenAktuelle Beiträge
Foto: Ralf Geithe via Getty Images
Personalmangel nach Rechtsstreit: Warum die Abschiebungen teilweise so lange dauern
12. Mai 2025 · Klaus Wallbaum2min
Niedersachsen kommt im Mai in Feierstimmung. In Borkum findet Mitte des Monats wieder ein Weinfest statt. | Foto: Nordseeheilbad Borkum
Die Woche in Niedersachsen (KW 20)
11. Mai 2025 · Christian Wilhelm Link5min
"Halten Sie die AfD für eine normale demokratische Partei?", wurden die Niedersachsen in der aktuellen Allensbach-Umfrage gefragt. Die Antwort fiel relativ eindeutig aus. | Foto: Link
Verfassung ändern, um vor AfD zu schützen? Rot-Grün und CDU wagen sich weit vor
8. Mai 2025 · Klaus Wallbaum4min