22. Apr. 2020 · 
Soziales

DRK fordert zentrale Beschaffung von Schutzkleidung und Taskforce für Altenheime

Die Zahl der Corona-Infektionen in Alten- und Pflegeheimen steigt an. Gleichzeitig wird darüber nachgedacht, wie das strenge Kontaktverbot an dieser Stelle etwas gelockert werden könnte. Ralf Selbach, Geschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Niedersachsen, fordert in dieser Debatte nun eine kalkulierte Erhöhung des allgemeinen Lebensrisikos in den Pflegeeinrichtungen. „Es ist wichtig, dass in Pflegeeinrichtungen wieder Begegnungen stattfinden können“, sagte Selbach im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Das sicherste Pflegeheim sei natürlich das abgeschottete, doch das sei zugleich auch das unmenschlichste. In den Altenheimen müsse man aber handlungsfähig bleiben, so Selbach. Dazu sei nun auch Mut von der Politik verlangt. Ein gewisses Risiko müsse eingegangen werden, wenn die Heime menschlich bleiben sollen.
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Als eine „unabdingbare Voraussetzung“ für das Ermöglichen von Kontakten bezeichnet er einen ausreichenden Vorrat an Schutzausrüstung in entsprechender Qualität und Menge. Da nicht davon auszugehen sei, dass in absehbarer Zeit alle Einrichtungen der stationären Altenpflege in der Lage sein werden, diesen Vorrat eigenständig zu beschaffen, hat sich der DRK-Landesvorstand ein besonderes Konzept überlegt. Demnach soll das Land Niedersachsen die Beschaffung der medizinischen Schutzausrüstung mit professionellen FFP3-Masken, Kitteln, Latexhandschuhen und dergleichen zentral vornehmen. Selbach kann sich dabei ein oder zwei Lager in Niedersachsen vorstellen, wo die notwendigen Materialien palettenweisen zusammengestellt und vorgehalten werden. In den Heimen selbst solle im Normalbetrieb keine volle Schutzmontur angelegt werden müssen. Erst wenn es dann in einem Pflegeheim zu einem Verdachtsfall komme, sollten die benötigten Materialien unverzüglich bereitgestellt werden. Weil die Ausrüstung dann schon vorportioniert vorliegt, wäre die Bereitstellung schon innerhalb von ein oder zwei Stunden möglich, meint der DRK-Geschäftsführer. Bei der raschen Umsetzung könnte dann auch auf die dezentrale Struktur des DRK zurückgegriffen werden.

Taskforce soll bei Verdachtsfällen in einem Heim eingreifen

Ergänzt werden soll dieser Notfall-Plan mit einer Taskforce, schlägt Selbach vor. Im Kern bestünde dieses Corona-Sondereinsatzkommando idealerweise aus nicht mehr als vier oder fünf Leuten: einem Mediziner, einem Infektionsspezialisten und speziell geschultem Pflegepersonal. Die Fachleute sollen dann in einem Pflegeheim, in dem ein Corona-Verdachtsfall aufgetreten ist, „erst einmal Ruhe reinbringen“, so Selbach. https://www.youtube.com/watch?v=b3AsCL-4x7E&t=5s Das normale Pflegepersonal solle durch die Experten entlastet und angeleitet werden, zum Beispiel, indem die Fachleute beim Anlegen der Pflegekleidung oder dem richtigen Umgang mit dem Spezialmaterial helfen. Denn ganz so einfach sei es nicht, zum Beispiel die Schutzkleidung so anzuziehen, dass die Materialien dabei nicht versehentlich doch kontaminiert werden. Das normale Pflegepersonal sollte sich auf die üblichen Aufgaben konzentrieren können und auch den Bewohnern ein Mindestmaß an Normalität vermitteln. Denn wenn auf einmal zahlreiche Fremde auftauchten, die dann auch noch hinter Schutzmasken verborgen sind, könne das natürlich erst einmal zu Verunsicherung bei den älteren Menschen führen. Diese Taskforce und das zentrale Materiallager sollten nach Ansicht von Selbach zunächst für ein Jahr vorgehalten werden. Das Personal müsste im Schichtsystem arbeiten. Zudem müsste es als lernendes System angelegt sein. Neue Erkenntnisse könnten so immer direkt angewendet werden. Die sich in jüngster Zeit häufig ändernden Verordnungen und Richtlinie sorgen in den Pflegeeinrichtungen und auch unter den Angehörigen ohnehin zurzeit für Verwirrung. Das Expertenteam könnte hier Abhilfe schaffen.

Antikörpertests seien Voraussetzung für Lockerung beim Besuchsverbot

Selbach geht davon aus, dass eine solche Taskforce innerhalb weniger Wochen einsatzbereit wäre. Voraussichtlich bis Anfang oder Mitte Mai könnten die Teams zusammengestellt werden, wenn man nun die Entscheidung dazu träfe. Das würde zeitlich gut mit einem anderen Entwicklungsschritt zusammenpassen. Denn eine weitere Voraussetzung für eine Lockerung des Besuchsverbots ist für Selbach die Verfügbarkeit von verlässlichen Antikörpertests. Mit solchen Schnelltests rechnet der DRK-Vorstand bis Mitte oder Ende Mai. https://www.youtube.com/watch?v=Tfsm50dEqTs Diese Untersuchungen, die mit einer einfachen Blutprobe aus der Fingerkuppe möglich wären, müssten dann an den Bewohnern, den Mitarbeitern und den regelmäßigen Besuchern vorgenommen werden. In Kombination mit einer Hygieneschleuse und einer Maskenpflicht wären diese Antikörpertests eine wesentliche Grundlage für die Risikominimierung, die den Heimbewohnern wieder mehr Kontakte mit ihren Angehörigen ermöglichen könnten.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #077.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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