28. Juni 2020 · 
Bildung

Dritte Kraft in Kinderkrippen kommt erst 2025

Das Kultusministerium hat, wie aus Landtagskreisen bestätigt wird, jüngst eine weitreichende politische Entscheidung getroffen. Die dritte Fachkraft mit pädagogischer Ausbildung, die eigentlich von Anfang August an in allen Krippengruppen tätig werden sollte, wird jetzt noch nicht verbindlich – sondern erst fünf Jahre später. Wie es heißt, hat sich Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) darauf mit Vertretern der Kommunalverbände verständigt. Vorausgegangen waren dringende Bitten der Bürgermeister von vielen kreisangehörigen und auch kreisfreien Städten und Gemeinden, die wegen der Fachkräftemangels um einen Aufschub gebeten hatten. Die Corona-Krise, die dazu führt, dass auch Erzieherinnen in Kindergärten ausfallen, weil sie einer Risikogruppe angehören und nicht in engen Kontakt mit kleinen Kindern kommen sollen oder wollen, verschärfte die Situation.

Kommunen begrüßen diesen Schritt

In den Kommunen wird der Schritt von Tonne, der vom Ministerium noch nicht offiziell verbreitet wurde, offenbar begrüßt. Es heißt, die Landesregierung zeige Flexibilität und gehe auf die Bedenken und Bedürfnisse der Kommunen ein. Der Fachkräftemangel im Erziehungsbereich sei mittlerweile so dramatisch, dass die hohen Anforderungen an die Kinderbetreuung gar nicht mehr zu erfüllen seien. Allerdings gehört der Ruf nach einer Verbesserung der frühkindlichen Bildung schon seit vielen Jahren zum Standardrepertoire der Bildungspolitik. Über verschiedene Förderprogramme hat das Land zu der rot-grünen Regierungszeit und auch danach unter der SPD/CDU-Koalition die finanzielle Unterstützung der Kommunen verbessert.
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Als logische Konsequenz dieser Politik sollte die dritte Fachkraft damit in diesem Jahr rechtlich verbindlich werden. Doch daraus wird nun nichts. Im Haushaltsbegleitgesetz, das den Landesetat für 2021 ergänzen soll, plant das Kultusministerium offenbar eine rückwirkende Änderung des Kindertagesstättengesetzes. Darin soll festgelegt werden, dass die verbindliche dritte Kraft erst am 1. August 2025 eingeführt werden muss.

Mehr Spielraum für die Kommunen

Mit dieser Änderung gehen nun drei Folgewirkungen einher: Erstens werden die Kommunen als Betreiber der Kinderkrippen von der Pflicht befreit, zwingend qualifizierte weitere Fachkräfte als dritte Betreuer für jede Kinderkrippengruppe mit 15 Kindern zu finden. Da auch in vielen Kindergärten für Kinder über drei Jahre ein massiver Fachkräftemangel herrscht, können die Gemeinden jetzt auch Betreuer aus der Krippe abziehen und für die Kindergärten einsetzen. Finanziell ist das allerdings kaum eine Entlastung für die Kommunen, da die dritte Kraft fast vollständig vom Land finanziert worden wäre. Zweitens erhalten die Kommunen mit der Neuregelung Spielraum auch in anderer Hinsicht – sie können weiterhin eine dritte Kraft in den Krippengruppen einsetzen, das muss aber jetzt wegen der fehlenden gesetzlichen Vorgabe nicht zwingend eine pädagogisch ausgebildete Fachkraft sein. https://www.youtube.com/watch?v=rFWRr5b-7E4&t=2s Drittens ist die neueste Entwicklung auch eine Folge der Corona-Krise. Das Kultusministerium hatte angekündigt, zum 1. August dieses Jahres, also nach der Sommerpause, den Regelbetrieb in den Kindergärten und -krippen wieder anlaufen zu lassen. Dies bereitet vielen Kommunen allerdings in der organisatorischen Umsetzung Bauchschmerzen, da zum einen nicht klar ist, wie hoch der Anteil der Erzieher sein wird, die sich zu einer solchen Betreuung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sehen – und weil generell das Wiederanlaufen dieses Regelbetriebes nach der Sommerferien mit vielen Unsicherheiten behaftet ist.

Auftakt für weitere ähnliche Schritte

Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, sieht die jüngste Entscheidung von Tonne auch als Auftakt für weitere ähnliche Schritte an. Auch in den Kindergärten häuften sich die Personalprobleme bei der Suche nach Betreuern, daher denke er, auch hier werde sich die geplante verbindliche Einführung einer dritten Kraft nach hinten schieben. „Wir haben dem Land bisher angeboten, die duale Ausbildung zu verstärken, also angehende Erzieher parallel auch in den Kindergärten einzusetzen und die Ausbildung zeitlich zu straffen“, betont Trips gegenüber dem Politikjournal Rundblick. Große Fortschritte habe es nicht gegeben, auch wenn der Minister schon vieles Positives in diese Richtung unternommen habe.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #121.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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