Die Risiken der Digitalisierung sind auf der IT-Messe CeBIT in Halle 6 zu begutachten. Dort informiert zum Beispiel der Verfassungsschutz über Industriespionage. Die Themen, dessen sich Unternehmen bewusst sein sollten, hat ein Mitarbeiter gut sichtbar auf einem Din A4-Blatt auf die Rückseite seines Laptopbildschirms geklebt. Das wirkt wenig digital – aber die Wortwahl gleicht den analogen Fauxpas wieder aus. Statt Bewusstsein steht groß „Awareness“ unter den Säulen auf dem Papier, auf denen Themen wie Personalauswahl, Sicherheitslücke Mensch und Geschäftsreisen zu lesen sind. Ein paar Gänge weiter ist ebenfalls zu sehen, wie schnell die Digitalisierung zum Risiko werden kann. An einem Stand präsentiert sich das kanadische Unternehmen Blackberry. Von den berühmten Smartphones mit richtiger Tastatur ist nichts mehr zu sehen – Blackberry konzentriert sich jetzt auf sichere Software-Lösungen.

https://soundcloud.com/user-385595761/sascha-lobo-man-muss-schaffen-sich-voranzuscheitern

Neun Stockwerke weiter oben, im Messerestaurant Cosmopolitan direkt neben Halle 6, geht es weniger um die Risiken, als um die Chancen der Digitalisierung. Soeben hat der neue niedersächsische Digitalrat zum ersten Mal getagt. Unter den Experten sind der Blogger Sascha Lobo, immer wiedererkennbar an seiner roten Irokesenfrisur, DGB-Chef Reiner Hoffmann und die Internetbotschafterin der Bundesregierung, Gesche Joost. Auch der Chaos Computer Clubs sitzt mit am Tisch. Nach rund drei Stunden haben die Teilnehmer festgelegt, welches Thema nach vorne gestellt werden muss. Es ist die Bildung.

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Einen „wichtigen Impulsgeber“ wird die Landesregierung den neuen Digitalrat später in der Pressemitteilung nennen. Aber welche Impulse hat es denn konkret gegeben? „Die Experten haben uns den Stand der Aus- und Fortbildung aller Lehrer ins Pflichtenheft geschrieben“, sagt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil im Gespräch mit dem Rundblick. Gut sei zum Beispiel auch der Hinweis gewesen, mit vielen Wettbewerben unter Schulen zu arbeiten. „Die guten Beispiele tragen gelegentlich besser Früchte als der Versuch, landesweit etwas in allen Schulen von oben herunter auszurollen“, so Weil. Auch der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann hält eine permanente Weiterbildung von Lehrern für notwendig. Er plädiert dafür, die neuen Themen offensiv und mutig anzugehen. „Man kann nicht mehr warten, bis man eine hermetisch abgeschlossene Strategie hat“, meint Hoffmann.

Sitzung des Digitalrats, fotografiert durch das Bullauge in der Konferenzraumtür: Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies – Foto: MB.

Sascha Lobo wundert sich währenddessen, dass er aus der ersten Sitzung noch nicht rausgeflogen ist, wie er sagt. „Ich muss nicht wiedergewählt werden, und ich verkaufe auch kein Produkt. Dadurch kann ich meine Finger auf schmerzhafte Weise in die schwierigen Wunden legen und auch klar sagen, wenn ich ein Konzept nicht gut finde. Ich muss auf niemanden Rücksicht nehmen.“ Der Blogger attestiert der Landesregierung eine große Offenheit sowohl gegenüber den Zielen der Digitalisierung als auch der Art und Weise, wie man die Ziele erreichen kann. „Die Politik ist es gewohnt, strukturiert und zielorientiert zu handeln. Jetzt braucht es eine Offenheit gegenüber dem, was kommt.“ Die alte deutsche Perfektion – Lobo spricht von der „Ersatzreligion Spaltmaß“ – müsse man regelrecht abschaffen. „Jetzt geht es darum, wie man es schafft, sich ‚voranzuscheitern‘. Es ist für alle sinnvoll, das zu lernen.“

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Zurück zur Bildung, dem Kernthema der ersten Sitzung. Es ging wieder einmal um den Mini-Computer Calliope, der demnächst in Grundschulen zum Einsatz kommen soll. „Wir fangen mit 30 bis 50 Schulen an und wollen es von dort aus weiter ausrollen“, erklärt Wirtschaftsminister Olaf Lies. Ihm ist wichtig, dass nicht nur die Drittklässler, sondern auch die Lehrer und Eltern Spaß daran haben. Mit Calliope sollen Drittklässler die Freude am Programmieren entdecken. Im Saarland lief der Start eher verhalten. Nur ein Fünftel der Schulen hat dort Interesse angemeldet. Aber vielleicht wollte man dort am Anfang auch ein wenig zu viel. „Es ist wichtig, erst einmal mit engagierten Lehrern in Pilotschulen zu starten und dann nach einer Phase der Evaluation das Netzwerk zu verbreitern“, erläutert Internetbotschafterin Gesche Joost, die sich schon seit längerem für den Mini-Computer in Schulen stark macht. Sie findet es spannend, dass sich beim Programmieren teilweise die Machtverhältnisse in den Schulen verschieben. „Da sind die Schüler dann ein klein wenig schlauer als die Lehrer.“

Im August will sich der Digitalrat zum zweiten Mal treffen. Dabei sollen dann unter anderem die ersten Erfahrungen mit dem Calliope-Projekt präsentiert werden. Ein weiteres Thema soll der Taxi-Konkurrent Uber sein. Die Fahrdienst-Vermittlung ist in Deutschland seit Beginn an höchst umstritten. „Sagen wir in Deutschland Nein zu Uber oder Ja, aber mit von uns definierten Strukturen – das wollen wir im August besprechen“, kündigt Wirtschaftsminister Olaf Lies an. Bis dahin wollen sich die Teilnehmer auch zwischen den Sitzungen auf einer Plattform weiter austauschen. Der neue Rat vernetzt sich – natürlich digital. (MB. )