Diese Orte stehen auf der Flixbus-Streichliste
Die geplante Mehrwertsteuersenkung für Tickets im Fernverkehr, über die der Bundestag am Freitag abstimmen wird, sorgt beim Fernbusanbieter Flixbus für Unruhe. Den aktuellen Plänen zufolge würde die Bahn von der Steuerreduzierung, die im Klimapaket ausgehandelt wurde, profitieren, das Busunternehmen allerdings nicht. Flixbus erwartet dadurch einen neuen Preiskampf, dem viele Fernbus-Haltestellen zum Opfer fallen könnten.
Eine interne Streichliste, die dem Politikjournal Rundblick vorliegt, zeigt auf, dass ab dem Jahr 2021 auch mehrere Haltestellen und Linien in Niedersachsen von einem Aus betroffen sein könnten. So stehen zum Beispiel die Haltestellen Bispingen, Celle und Peine ebenso auf der Liste wie Melle, Delmenhorst, Westerstede Stade und Nordhorn. Beim Standort Uelzen heißt es in der Liste: „Aktuell kein Halt; wäre in Zukunft dann auch keine Option mehr.“
Es sind vor allem viele Mittelstädte mit teilweise mäßigen Anbindungen im Bahnfernverkehr, denen auch noch der Fernbusanschluss wegzufallen droht. Bundesweit stehen insgesamt mehr als 100 Städte auf der Liste.
Kluft zwischen Stadt und Land könnte wachsen
Bei Flixbus befürchtet man, dass die Mehrwertsteuersenkung auf sieben Prozent allein für die Bahn zu einer massiven Marktverschiebung im Fernverkehr führen und dass die Kluft zwischen Metropolen und dem ländlichen Raum dadurch noch größer werden könnte. Insgesamt stünden 300 Fernbuslinien nur 60 Fernbahnlinien gegenüber, wobei Fernbusse vor allem dort unterwegs seien, in denen es seltener Fernbahnanschlüsse gebe.
Zudem sieht Flixbus durch ein Gutachten belegt, dass die Ungleichbehandlung von Bahn und Bus gegen den Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität verstoße und auch europarechtlich nicht zu rechtfertigen sei. „Nach Maßgabe des Mehrwertsteuer-Richtlinienrechts ist das Klimaschutzziel von vornherein nicht geeignet, mitgliedstaatsautonome Verstöße gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Bereich der Steuersatzermäßigungen zu rechtfertigen“, heißt es in einem Gutachten von Professor Hanno Kube, Direktor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Universität Heidelberg. Er hält die geplante Änderung wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität für EU-rechtswidrig.
Auch beim Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen hält man eine steuerliche Ungleichbehandlung von Bus und Bahn für nicht gerechtfertigt. Neben den Vorschlägen für den großen Staatskonzern Bahn sollten kleine private Busbetriebe im Fernlinienverkehr und im Bustourismus nicht vergessen werden, heißt es dort.
ADAC unterstützt Fernbusbetreiber
Unterstützung bekommen die Fernbusbetreiber vom ADAC. Dort heißt es unter Bezug auf das Umweltbundesamt, der Fernbus schneide bei den Treibhausgasemissionen pro Fahrgast genauso günstig ab wie der Schienenpersonenfernverkehr. Zudem werde durch die Fernbusse in zahlreichen Regionen Mobilitätsangebot deutlich verbessert.
Auch für den Landtagsabgeordneten der Grünen, Detlev Schulz-Hendel, steht fest, dass man die Fernbusse mitdenken muss. „Es geht schließlich um eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs“, sagt Schulz-Hendel im Rundblick-Gespräch. In einem weiteren Schritt müsse darüber nachgedacht werden, wie man die Fernbusse in das Paket miteinbeziehen kann.
Nachtrag: Am Mittwoch äußerte sich noch Wirtschaftsminister Bernd Althusmann auf Rundblick-Nachfrage. „Es sollte uns jetzt darum gehen, das Gesamtpaket zum Klimaschutz nicht zu gefährden, insbesondere ist es wichtig, dass die Mehrwertsteuer für die Bahn pünktlich zum 1. Januar 2020 gesenkt wird. Dann sollten wir erst einmal Erfahrungen mit der abgesenkten Mehrwertsteuer für die Bahn sammeln und gegebenenfalls später nachsteuern“, so Althusmann.