Mende hauchdünn vor Nigge in Celle

Die überregional spannendste Frage des niedersächsischen Kommunalwahlkampfes ist noch nicht entschieden. Wird Dirk-Ulrich Mende, der als Sozialdemokrat seit sieben Jahren die Stadtverwaltung in der CDU-Hochburg Celle führt, auch künftig der Chef im Rathaus sein? Die Entscheidung fällt erst in einer Stichwahl am 25. September. Mende (58) steht dann seinem CDU-Herausforderer, dem promovierten Wirtschaftswissenschaftler und früheren Hamburger Senatsmitarbeiter Jörg Nigge (41), gegenüber. Im ersten Wahlgang am Sonntag lag Mende mit 46,1 Prozent vorn, Nigge erreichte 45,6 Prozent. Die dritte Bewerberin, die unabhängige Fachanwältin Alexandra Martin, kam auf 8,3 Prozent.

CDU und SPD hatten viel Kraft auf die Auseinandersetzung in Celle gelegt, vergangene Woche war zu Nigges Unterstützung noch Kanzlerin Angela Merkel in die Stadt gekommen. Der CDU-Kandidat setzte die Haushaltssanierung in den Mittelpunkt seiner Kampagne. Er warb außerdem dafür, den Fernverkehr besser an der Innenstadt vorbeizuleiten – und forderte mehr Investitionen für den Tourismus. Als junger, smarter Manager trat Nigge, der in Celle aufgewachsen ist und noch in Hamburg lebt, in Erscheinung. Mende dagegen präsentierte sich als bürgernaher Kümmerer, der ein Ohr für die Sorge der Leute hat.

Auch der Amtsinhaber holte sich zur Unterstützung Bundesprominenz, vergangene Woche kam noch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in die Stadt. Mende wirbt dafür, 1500 neue Wohnungen zu bauen – und so viele Menschen aus der Region Hannover, die bisher täglich zum Arbeitsplatz nach Celle pendeln, in der Stadt zu halten. Mendes Name ist außerdem mit dem Konzept verbunden, ein großes Einkaufszentrum abzulehnen und stattdessen die Läden bevorzugt in Geschäfte in der Innenstadt unterzubringen. Der neue OB in Celle wird sogar für zehn Jahre gewählt, weil Mendes erste Amtszeit erst im Februar endet.

 

Reuter klar in Führung nach der ersten Runde in Göttingen

Schon seit vielen Jahren hat Bernhard Reuter den Ruf, ein Reformer zu sein, etwas neues schaffen zu wollen. Der neue, jetzt um den früheren Kreis Osterode erweiterte Landkreis Göttingen ist mit seinem Namen verknüpft – und bei der Wahl lag der 61-Jährige souverän vorn. Obwohl es fünf Gegenkandidaten gab, gelang dem SPD-Bewerber auf Anhieb ein Ergebnis nur knapp unterhalb der 50-Prozent-Marke, er erreichte 48,6 Prozent. Deshalb wird nun ein zweiter Wahlgang nötig, bei dem sich Reuter und sein CDU-Gegenkandidat Prof. Ludwig Theuvsen (52) gegenüberstehen. Theuvsen, ein Agrarwissenschaftler mit Teamleiter-Erfahrung an der Uni Göttingen, schnitt deutlich schlechter ab, erreichte 34,1 Prozent. Der neue Kreis hat 330.000 Einwohner, und der Favorit Reuter kennt beide Teile: Er war erst Landrat in Osterode und wechselte dann auf den Stuhl des Göttinger Landrats. Die dritte Bewerberin, Felicitas Oldenburg von der FDP, erreichte trotz eines schwungvollen Wahlkampfs nur 4,1 Prozent. Der Wahlkampf wurde überschattet von Auseinandersetzungen zwischen Links- und Rechtsextremen in Göttingen, auch noch an diesem Wochenende. Die linksextreme Antifa in Göttingen gilt als besonders gewaltbereit und aggressiv.

 

Helmstedt steht vor einer Stichwahl

Wer neuer Landrat des hochverschuldeten Kreises Helmstedt wird, entscheidet sich erst bei einer Stichwahl am 25. September. Weder der SPD-Kandidat und bisherige erste Kreisrat Hans-Werner Schlichting (42,1 Prozent), noch der von der CDU aufgestellte, parteilose Herausforderer und Polizeibeamte Gerhard Radeck (43,3 Prozent) holten mehr als die Hälfte der Wähler auf ihre Seite. Schlichting wirkte im Vergleich zum agilen Radeck eher zurückhaltend, er war als Kreisrat der Vertreter der Exekutive. Beide Bewerber hatten keine generelle Absage an Fusionen erklärt, wobei Schlichting hier aber etwas forscher auftrat, er kann sich die Neuauflage von Gesprächen etwa mit der Stadt Wolfsburg vorstellen. Radeck will stärker auf die eigenen Kräfte des Kreises setzen, erklärte er. Als dritter Bewerber trat der Unabhängige Jörg Pohl auf, als vierter der Linken-Kandidat Ulrich Engelke. Vor allem Pohl nutzte jede Gelegenheit, sich als Gegner der etablierten Parteisysteme zu präsentieren. Er streitet gegen Fusionen und lehnt die vom Land gewährte Entschuldungshilfe von 110 Millionen Euro für den Landkreis ab, da diese an jährliche Einsparungen von einer Million Euro geknüpft ist. „Knebelvertrag“ nennt Pohl das. Er erreichte bei der Wahl 9,2 Prozent, Engelke kam auf 5,4 Prozent.

 

Peines Landrat Einhaus bleibt Nummer eins im Kreishaus

Auch die nächsten Jahre kann Franz Einhaus Landrat von Peine bleiben. Der SPD-Bewerber erreichte 54,1 Prozent und stellte so seinen CDU-Herausforderer Burkhard Budde (31,3 Prozent) in den Schatten. Budde war auch von der FDP und einer Wählergemeinschaft unterstützt worden. Der dritte Bewerber, Heiko Sachtleben von den Grünen, kam auf 9,6 Prozent. Dieter Samieske (Linke) erreichte 5,1 Prozent. Für Einhaus, der landesweit als starker Landrat gilt, war diese Wahl in doppelter Hinsicht kein Selbstläufer. Zunächst schwächte der Grünen-Kandidat das eigene rot-grüne Lager, zum anderen lastete ein Zerwürfnis in der SPD der Stadt Peine auf seinem Wahlkampf. Gegen den SPD-Bürgermeisterkandidaten Klaus Saemann ließ sich auch ein anderer Sozialdemokrat zur Bürgermeisterwahl aufstellen – der Stadtrat Friedhelm Seffer. Damit erschien die SPD in der Kreisstadt gespalten, gewonnen hat den ersten Wahlgang Saemann mit 44,6 Prozent, hier wird also eine Stichwahl nötig, die er gegen den CDU-Bewerber Andreas Meier bestehen muss. Bei der Landratswahl war Einhaus auch deshalb Favorit, weil der CDU-Bewerber Burkhard Budde ein Import war. Der frühere Pfarrer mit Wohnort in Bad Harzburg, der Vorstandsvorsitzender im Braunschweiger Marienstift war und derzeit als freier Autor arbeitet, bekam Gegenwind zu spüren. Im Wahlkampf wurde oft über die von Einhaus zunächst befürwortete, dann aber erfolglose Fusion mit dem Nachbarwahlkreis Hildesheim gestritten.

 

SPD-Bewerber gewinnt souverän in Hildesheim

Neuer Hildesheimer Landrat wird der SPD-Bewerber und bisherige Erste Kreisrat Olaf Levonen. Er gilt als enger Vertrauter des scheidenden Landrats Reiner Wegner, der nicht wieder kandidiert hatte. Levonen siegte gegen zwei Mitbewerber, den CDU-Kommunalpolitiker Christian Berndt, der als Referatsleiter im Kultusministerium tätig ist, und den hannoverschen Hochschullehrer für Maschinenbau, Martin Gottschlich (FDP). Das Ergebnis für den SPD-Mann im ersten Durchgang ist klar, er bekam 53,9 Prozent, Berndt landete bei 36,1 Prozent, Gottschlich bei 10,0 Prozent. Der Volljurist Berndt, dessen Vater einst Leiter der Kommunalabteilung im Innenministerium war, ist seit vielen Jahren in der Hildesheimer Kommunalpolitik aktiv, er arbeitet bisher als Fraktionsvorsitzender im Kreistag. In dieses Ehrenamt kann er auch zurückkehren, weil er gleichzeitig mit der Landratswahl auch erneut für den Kreistag kandidiert hatte.

 

SPD-Abgeordneter Heymann wird Landrat in Wittmund

Der neue Landrat in Wittmund steht fest – es ist der bisherige SPD-Landtagsabgeordnete für die Region, Holger Heymann. Damit steht fest, dass ein neuer Abgeordneter die SPD-Landtagsfraktion verstärken wird. Erster Nachrücker auf der SPD-Landesliste ist der 62-jährige Lehrer Gerard-Otto Dyck aus Verden. Der klare Sieg von Heymann in Wittmund kommt überraschend, denn Beobachter waren von einem Kopf-an-Kopf-Rennen ausgegangen zwischen Heymann und dem  CDU-Kandidaten Hendrik Schultz. Der 38-jährige Heymann und der 40-jährige Schultz haben eine Gemeinsamkeit – beide haben eine Bankausbildung hinter sich. Heymann arbeitet seit 2013 als Abgeordneter im Landtag, Schultz leitet drei Filialen der Oldenburgischen Landesbank in Aurich. Sein Vater Henning Schultz war jahrelang Landrat gewesen. Auch Heymann arbeitete, bevor er in den Landtag ging, bei der Oldenburgischen Landesbank. Für Schultz sprachen sich 32,9 Prozent aus, für Heymann 54,5 Prozent. Als dritter Kandidat trat der unabhängige Erwin Braun (33) auf, der als Volljurist bei der Kassenärztlichen Vereinigung in Wilhelmshaven tätig ist. Für ihn sprachen sich 12,6 Prozent aus. Der erst 2010 neu gewählte Landrat Matthias Köring, der zuvor als Kreisrat im Kreishaus gearbeitet hatte, verkündete im März überraschend seinen vorzeitigen Rücktritt und machte damit den Weg für die jetzige Landratsneuwahl frei. Köring will in einen anderen Beruf wechseln.

 

Deutlicher Sieg für SPD-Kandidat Groote in Leer

Bisher saß er im Europäischen Parlament in Brüssel, künftig wird das Kreishaus in Leer sein Arbeitsplatz sein. Der SPD-Kandidat Matthias Groote (42), EU-Abgeordneter, siegte bei der Landratswahl souverän über den CDU-Kandidaten Dirk Lüerßen (43), Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Ems-Achse. Für Groote sprachen sich 56,8 Prozent aus, für Lüerßen 31,7 Prozent. Dritter Kandidat war der Grünen-Politiker und Dozent für Betriebswirtschaftslehre, Tammo Lenger (41), der 11,5 Prozent erhielt. Groote, gelernter Maschinentechniker und Diplom-Wirtschaftsingenieur, trat im Wahlkampf präsidial und vermittelnd auf, während Lüerßen versuchte, Akzente zu setzen. So sprach sich der CDU-Kandidat dafür aus, den Mindestabstand von neuen Windkraftanlagen zur Wohnbebauung von derzeit 500 Meter auf 1000 Meter zu erweitern. Lenger hielt ihm daraufhin vor, dass keine neuen Anlagen im Landkreis mehr entstehen könnten. Groote warb dafür, das Thema „unaufgeregt und sachlich“ zu diskutieren.