Darum geht es: Die Staatskanzlei hat im Medienausschuss des Landtages über den Entwurf des neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrages informiert. Ein Kommentar von Martin Brüning.
Fünf Minuten. Solange hat Staatsekretär Jörg Mielke gestern im Medienausschuss den Parlamentariern den Stand der Dinge erklärt. Lediglich zwei Fragen gab es seitens der Abgeordneten, die allerdings eher formalen Charakter hatten. Mielke ging kurz auf die verfassungsrechtlich notwendigen Anpassungen in den Gremien des Deutschlandradios und die Verteilung des Beitrages zwischen ARD, ZDF und dem Deutschlandradio ein, ohne dabei näher ins Detail zu gehen.
[caption id="attachment_13508" align="aligncenter" width="780"] Einige Räte sind inzwischen so groß, dass sie auf der Mattscheibe gar keinen Platz mehr hätten - Foto: Dmitry Koksharov[/caption]
Nun hätte es bezüglich des 20. Rundfunkänderungsstaatsvertrages genügend Gesprächsstoff gegeben. So ließe sich in Bezug auf den Deutschlandradio-Hörfunkrat durchaus die Frage stellen, ob denn eine Ausweitung von 40 auf 45 Mitglieder wirklich nötig ist und ob die zusätzlichen Sitze, zum Beispiel für Vertreter des Jugendherbergswerkes oder des Deutschen Museumsbundes, wirklich Sinn ergeben. Der Deutschlandradio-Verwaltungsrat wächst übrigens ebenfalls, von acht auf 12 Mitglieder. Das erinnert an die Versammlung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt, die kürzlich aus politischen Gründen von 26 auf 38 wuchs – eine Steigerung von fast 50 Prozent.
Im Umfeld von Medien ist Deutschland eine Räte-Republik. Je weniger Ahnung über das Mediengeschäft außerhalb der Medienhäuser vorherrscht, desto größer werden die Gremien – diesen Eindruck könnte man seit einiger Zeit gewinnen. Auf der Website des Deutschlandradios finden sich der Wirtschafts- und Finanzausschuss, der Programmausschuss, der nichtständige Ausschuss „Unternehmensstrategie“ sowie natürlich der Hörfunkrat, in den Niedersachsen ein Mitglied des Landesmusikrates entsendet. Auch sonst tummelt sich dort alles, was man in einem solchen Rat erwartet: vom Bund der Vertriebenen in Bayern über die Deutsche Bischofskonferenz bis hin zur Arbeitsgemeinschaft der badisch-württembergischen Bauernverbände.
Angesichts einer Inflation von Ratsmitgliedern ist es überraschend, dass eine breitere Diskussion über die Zukunft von Medien im allgemeinen und des öffentlich-rechtlichen Systems im speziellen ausbleibt. Und die wenigen, die sie führen, sind zumeist Medienschaffende und finden in den zahllosen Ratsmitgliedern in den allermeisten Fällen keine Gesprächspartner auf Augenhöhe. Das gilt auch für die Politik, in der es in Niedersachsen ein Wüste der Ahnungslosigkeit gibt und kompetente Gesprächspartner leider rar sind. Man hätte dem Staatssekretär gestern auch abseits der Räteflut viele Fragen stellen können, zum Beispiel über Kosten und Nutzen der erneuten Namensänderung des Deutschlandradios oder über das sogenannte „Freienstatut“ für Feste Freie Mitarbeiter des Deutschlandradios, das in ähnlicher Form beim RBB heftig umstritten ist.
Die Politik beschränkt sich darauf, Posten in Gremien zu besetzen, in denen sich dann mehr oder (meistens leider) weniger kompetente Mitglieder darüber aufklären lassen, wie Medien funktionieren. Im Grunde genommen handelt es sich um überdimensionierte Volkshochschulkurse. Wünschenswerter wären dagegen kleinere Gremien und ein größeres Interesse, die zu einer Debatte über die Zukunft von Medien im digitalen Zeitalter führen, die ihren Namen auch verdient. Medien werden sich weiter verändern, und das öffentlich-rechtliche System kämpft mit Akzeptanzproblemen. Bessere Antworten auf die Fragen der Zukunft wird es nur durch größere Kompetenz, aber nicht durch größere Gremien geben.
Mail an den Autor dieses KommentarsDieser Artikel erschien in Ausgabe #220.