Die 50-Prozent-Quote für die Gastronomie soll ab dem kommenden Montag nicht mehr gelten. Das hat Wirtschaftsminister Bernd Althusmann am Dienstag angekündigt. Seit dem 11. Mai konnten zum Beispiel Restaurants, Gaststätten und Kantinen wieder öffnen, allerdings durfte nur jeder zweite Tisch besetzt werden. Gastwirte sprachen von dramatischen Umsatzrückgängen. Einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Niedersachsen mussten drei Viertel der Gastronomen feststellen, dass ihre Umsätze bei weniger als einem Viertel des normalen Umsatzes lagen. Ab Montag sollen wieder mehr Gäste in der Gastronomie möglich sein, die nötigen Abstände müssen allerdings dennoch eingehalten werden. Ab Montag sollen laut Althusmann auch Indoor-Sportanlagen, Sportwettbüros und Casinos wieder öffnen dürfen. Auch Hotels können in Niedersachsen ab dem 25. Mai wieder Gäste empfangen. Neu ist, dass statt den geplanten 50 nun 60 Prozent der Zimmer belegt werden dürfen. Die Regelung, nach der Gäste für mindestens sieben Tage buchen müssen, soll in Hotels, Pensionen und auch zum Beispiel in Jugendherbergen und Landschulheimen entfallen. Die Sieben-Tage-Regelung soll allerdings für Ferienwohnungen gelten.
Während der Tourismus in Hotels und Gaststätten ganz langsam wieder an Fahrt gewinnen kann, ist die Situation bei den Kreuzfahrtschiffen immer noch dramatisch. Die Kreuzfahrtbranche stehe derzeit komplett still, alle geplanten Reisen der kommenden Monate seien abgesagt, US-Häfen könnten auch gar nicht angelaufen werden. So beschrieb Althusmann am Dienstag im Hafen-Ausschuss des Landtags die Lage. Das führe bei den Kreuzfahrtreedereien zu enormen Verlusten von 160 Millionen US-Dollar am Tag. Es sei nicht absehbar, wann der Betrieb wieder aufgenommen werden könne, erklärte Althusmann. Die Reedereien hätten allerdings schon vor der Corona-Krise große Probleme gehabt. Sie hätten keine Bank mehr gefunden, die den Kauf von Schiffen finanziert. In Niedersachsen habe nach dem Ausstieg der Nord/LB nur noch die Ostfriesische Volksbank entsprechende Kredite vergeben. Reedereien hätten daher bereits vor der Corona-Krise mit Einbrüchen bis zu 50 Prozent gerechnet, berichtete der Wirtschaftsminister.
Land und Bund prüfen Hilfe für die Meyer-Werft
Der Stillstand in der Kreuzfahrtbranche hat auch negative Auswirkungen auf den Schiffbau. Vor allem Werften, die Passagierschiffe bauen, sind hart getroffen. Noch werde in den Werften an Aufträgen aus der Zeit vor der Corona-Krise gearbeitet, neue Aufträge seien aber zunächst nicht zu erwarten. Zudem zeichnet sich laut Althusmann ein Preiskampf und ein Subventionswettlauf in der Branche an. Auch der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) geht davon aus, dass vielen Werften im Zuge der Krise die Arbeit ausgehen wird. In Europa sei ohne Gegenmaßnahmen ein vorübergehender Rückgang von 50 bis 75 Prozent möglich, teilte der Verband am Dienstag mit. In Niedersachsen ist die Meyer-Werft in Papenburg durch die Lage massiv unter Druck. Es sei dort von schweren Einschnitten auszugehen, sagte Althusmann, der zu dem Thema am 8. Mai zu einem Runden Tisch geladen hatte. In etwa vier Wochen soll es das nächste Treffen geben. Derzeit gebe es Kurzarbeit in der Werft, und es drohe ein Abbau von Arbeitsplätzen, wenn sich an der Marktlage nichts ändere. In der Öffentlichkeit sei von bis zu 1500 Stellen die Rede gewesen, die abgebaut werden könnten. Diese Zahlen seien aber derzeit mit Vorsicht zu genießen. Die Werft können durch Schutzschirme und Förderprogramme Engpässe erst einmal überbrücken, erklärte der Wirtschaftsminister. Man prüfe, wo genau und in welchem Umfang Land und Bund die Werft unterstützen könnten. Vermutlich gehe es aber um Bedarfe, die man landesseitig gar nicht abdecken könne und daher eher den Bund beträfen. Der Standort Papenburg stehe der Meyer-Werft zufolge nicht zur Disposition. Althusmann warnte davor, den Kreuzfahrtbau in Deutschland in Frage zu stellen, nur weil der Weltmarkt in diesem Bereich von Frankreich und Italien beherrscht werde. So einen Gedanken nannte er fahrlässig, schließlich gehe es allein bei der Meyer-Werft um eine Stammbelegschaft von bis zu 4000 Menschen.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #095.