Die Haushaltslage 2024 der niedersächsischen Landkreise und der Region Hannover hat sich gegenüber der Planung des Vorjahres deutlich verschlechtert. Kein einziger Landkreis weist jetzt noch einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf aus, in dem sich Ausgaben und Einnahmen die Waage halten. „Dies ist die schlechteste Finanzplanung seit Jahrzehnten“, heißt es in einer Mitteilung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT). Nur bei sechs Landkreisen liege das Defizit niedriger als zehn Millionen Euro.

Insgesamt werde in den Haushalten ein strukturelles Defizit im ordentlichen Ergebnis von 754 Millionen Euro erwartet. Dies sind annähernd 220 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die Fehlbeträge in der Bilanz sollen sich nach den Plandaten auf rund 415 Millionen Euro belaufen. Auch die Liquiditätslage verschlechtert sich nochmals. So soll in der laufenden Verwaltungstätigkeit im Finanzhaushalt ein negativer Finanzierungssaldo von 294,1 Millionen Euro entstehen.
Im Jahr 2024 beabsichtigen elf Landkreise die Kreisumlage zu erhöhen, nur ein einziger sieht eine Senkung vor. Vier Landkreise hätten Sonderregelungen mit erhöhten Kreisumlagesätzen geplant, „um von einzelnen Gemeinden nicht abgeschlossene Vereinbarungen über die Kindertagesstättenbetreuung zu berücksichtigen“, teilt der NLT mit. Insgesamt habe sich die Haushaltslage der Kommunen in diesem Jahr deutlich zum Negativen entwickelt. Dies gelte, obwohl die Einnahmeseite der Kommunalhaushalte nach wie vor stabil bleibe. Die Aufwendungen und Auszahlungen hingegen würden sehr stark anwachsen. Einer der Gründe dafür sei die Lage in den Krankenhäusern.
Da es keine ausreichende Finanzierung der Betriebskosten mehr gebe, würden einige Landkreise – auch die Region Hannover – praktisch zum Ausfallbürgen. Daneben sind noch die inflationsbedingten Mehrausgaben ausschlaggebend – und natürlich auch die Personalkosten, die mit den Tarifabschlüssen einhergehen. In Kreisen der Landräte kursiert die Mutmaßung, es könne von einigen niedersächsischen Kommunalpolitikern ein „Krankenhaus-Notfallplan“ entwickelt werden. Der könnte so aussehen, dass das Land die Kommunen mit einer Ergänzung der Kommunalverfassung ermächtigen könnte, für die Deckung der Defizite in den Kliniken neue Schulden aufzunehmen. Dies wäre dann analog zu der Ende 2022 vom Landtag beschlossenen und vom NLT vor dem Staatsgerichtshof angefochtenen Regelung, die Kredite im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg erst in einer Frist von 30 Jahren tilgen zu müssen.
Zur Finanzlage der Kommunen hatte unlängst die Bertelsmann-Stiftung eine Analyse vorgelegt – und diese endet ebenfalls pessimistisch. Dabei sieht die Finanzlage der deutschen Kommunen auf den ersten Blick gut aus. Im Jahr 2022 haben sie einen Haushaltsüberschuss von 2,4 Milliarden Euro verzeichnet. Trotzdem kommt die Stiftung zu einer düsteren Prognose. Der scheinbare Wohlstand stehe auf wackeligen Füßen. Das positive Finanzierungssaldo sei vor allem ein Resultat guter Konjunktur und hoher finanzieller Transfers vom Bund, kommentiert die Bertelsmann-Stiftung. Der Überschuss sei schon 2022 nur noch halb so groß gewesen wie im Vorjahr. Für die kommenden Jahre trübe sich der Ausblick ein. Das liege auch an den Notwendigkeiten einer Sparpolitik der Bundesregierung. Außerdem erwirtschafteten längst nicht alle Kommunen Überschüsse.
Große Unterschiede zeigten sich auch bei den Steuereinnahmen: Hessische Kommunen verbuchen pro Einwohner doppelt so hohe Einnahmen wie die Kommunen in Mecklenburg. „Das Aufkommen der Gemeindesteuern resultiert fast ausschließlich aus der Wirtschaftsstruktur“, erklärt René Geißler, Professor für öffentliche Wirtschaft und Verwaltung an der TH Wildau. „Ein Aufholen der schwachen Kommunen ist kaum möglich.“ Der Überschuss aus 2022 wirke geradezu mickrig, wenn man ihn ins Verhältnis zu den Zukunftsaufgaben der Kommunen setzt. Zwar hätten die Kommunen ihre Investitionen in den vergangenen Jahren deutlich hochgefahren und 2022 mit 41 Milliarden Euro ein neues Rekordhoch erreicht. Doch gleichzeitig sei der kommunale Investitionsrückstand weiter gewachsen. Er betrage nun 166 Milliarden Euro. Die hohe Inflation fresse die Mehreinnahmen schnell wieder auf und mache geplante Projekte teurer.