
Lesen Sie auch: Hintergrund: Vier Szenarien, in denen Stephan Weil eine wichtige Rolle in der Bundespolitik übernimmt Bildung: Opposition wirft der Großen Koalition Chaos in der Bildungspolitik vor Allerdings ist der Befund in der Realität eher enttäuschend: Anstelle einer vor interessanten Initiativen strotzenden, an neuen Gedanken bereicherten politischen Landschaft erleben wir eher die Schattenseite von dem, was Weil und Althusmann so lobend als „geräuschlos“ beschrieben haben. Die alltägliche Verwaltung der Staatsgeschäfte vollzieht sich still und unauffällig. Es gibt keinen offenen Streit und kein öffentliches Kräftemessen wie in der Großen Koalition in Berlin, aber eben auch viel zu selten erkennbaren Ehrgeiz, mit klugen Debatten eine Diskussion anzustoßen. Wozu auch? Alle wichtigen Fragen werden dann ja – geräuschlos – zwischen Weil und Althusmann im kleinen Kreis geregelt. Für den öffentlichen Diskurs, eines der Fundamente einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie, ist das nicht von Vorteil. Das wäre ja noch hinnehmbar, wenn die Große Koalition wenigstens ihren eigentlichen Auftrag annehmen und sich zu notwendigen, auch zu schmerzhaften Reformen aufraffen würde. Von einem Bündnis der beiden großen politischen Kräfte im Land erwartet man doch gerade, dass dieses die langfristig erforderlichen Weichen stellt – auch um den Preis, einzelne Abgeordnete damit nicht mitzunehmen. Konkret ausgedrückt: Die Digitalisierung wird über kurz oder lang die Verwaltungsprozesse erheblich vereinfachen, das löst den Zwang aus, die Beschäftigtenzahl im öffentlichen Dienst zu senken und auch Behördenstandorte aufzugeben. Der Fachkräftemangel verstärkt diesen Prozess. Geschlossene Ämter aber erregen vor Ort stets Proteste, und womöglich kann man nicht von allen Abgeordneten einer bestimmten, von solchen Kürzungen betroffenen Region erwarten, dass sie die Reform im Landtag mittragen. Nötig sind die Einschnitte gleichwohl, wenn die öffentlichen Finanzen dauerhaft konsolidiert werden sollen. Das muss spätestens dann der Fall sein, wenn sich die Zeit der stetig sprudelnden Steuerquellen dem Ende neigt. Schon bei der bevorstehenden Steuerschätzung im November könnte sich das zeigen. Außer dem vagen Versprechen, noch in diesem Jahr eine „Regierungskommission“ für die Verwaltungsreform einzusetzen, ist in dieser Hinsicht im vergangenen Jahr nicht viel geschehen. Immerhin hat Finanzminister Reinhold Hilbers sich an die Reform der Finanzämter gewagt, das ist ja schon mal etwas. Aber die Veränderung müsste viel umfassender, viel gründlicher geschehen – und sie müsste vor allem vom entschlossenen Willen der Regierung geprägt sein, die Landesverwaltung für die kommenden Herausforderungen zukunftsfest zu machen. Davon ist indes wenig zu spüren. Man fragt sich manchmal, warum wir in Niedersachsen überhaupt eine Große Koalition haben. Nur, weil sich FDP und Grüne im Herbst 2017 nicht durchringen konnten, zusammen und mit der SPD oder alternativ der CDU eine Mehrheit zu bilden? Das wäre wohl deutlich zu wenig. Mail an den Autor dieses Kommentars