Mehrdad Payandeh. | Foto: Wallbaum

Der DGB-Landesvorsitzende Mehrdad Payandeh hat die Parteien im Bundestag aufgefordert, die Grundgesetz-Bestimmungen zur Schuldenbremse eilig zu ändern – und zwar noch vor der Bundestagswahl. „Nötig ist dafür eine Zweidrittelmehrheit von Bundestag und Bundesrat. Momentan haben Union, SPD und Grüne zusammen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament. Sie sollten es nutzen. Keiner weiß, ob die demokratischen Kräfte nach der Bundestagswahl noch allein dieses Quorum erreichen können“, sagte Payandeh am Dienstag in einer DGB-Pressekonferenz. Sollte man die Verfassungsänderung auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschieben, könnten laut Payandeh AfD oder BSW als Unterstützer für Union, SPD und Grüne erforderlich werden. Das berge aber die Gefahr, erpressbar zu werden.

Der DGB-Vorsitzende betonte, dass jüngst auch CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz seine Bereitschaft zur Veränderung der Schuldenbremse-Regeln erklärt habe – ebenso wie mehrere christdemokratische Ministerpräsidenten. Es gibt nun mehrere Varianten einer solchen Reform, beispielsweise die Erhöhung des Umfangs der erlaubten Kreditaufnahme, die Schuldenerlaubnis in begrenztem Rahmen für die Bundesländer (die es bisher nicht gibt) oder auch die Lockerung für bestimmte Ausgaben. Payandeh meinte, Arbeitgeber und Gewerkschaften seien sich einig, dass Schritte zur Belebung der Wirtschaft nicht länger an der Schuldenbremse scheitern dürften. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von November 2023 habe „sämtliche Umgehungstatbestände“ leider zunichte gemacht. Er empfehle nun, eng definierte öffentliche Investitionen (etwa in die Infrastruktur) vom Neuverschuldungsverbot künftig ausdrücklich auszunehmen. Das hieße dann aber, auch die Landesverfassung entsprechend ändern zu müssen. Der bisherige Konstruktionsfehler der Schuldenbremse sei ihre prozyklische Wirkung – sie verbiete die Kreditaufnahme gerade dann, wenn der Staat geringere Einnahmen habe und eigentlich mit eigenen Impulsen die Wirtschaft beleben müsse.

  • Kritik an Wohnungsgesellschaft: Payandeh kritisierte, dass die Landeswohnungsgesellschaft (LWG) „zu langsam“ vorankomme. Sie könnte laut Konstruktion Kredite aufnehmen, wenn sie über eigene Einnahmen verfüge – und diese Einnahmen könnten Mieten sein. Dafür aber müsste die LWG erst einen bestimmten Bestand an Wohnungen erwerben, was nur langsam vorankommt. „Auch eine Landesliegenschaftsgesellschaft nimmt bisher noch keine Gestalt an, obwohl es möglich wäre“, sagt Payandeh. „Mehr Tempo“ stellt sich der DGB-Chef auch bei einem Tariftreuegesetz vor, das staatliche Auftraggeber zwingt, Geschäfte nur mit solchen Firmen zu machen, die Tarifbestimmungen einhalten.
Jan Vermöhlen (links) und Ulf Thiele vor der Schuldenuhr. | Foto: Wallbaum
  • Schuldenuhr wird umgestellt: Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler (BdSt) hat die Schuldenuhr des Landes gestern neu eingestellt. Da im Etat 2025 die Nettokreditaufnahme auf rund eine Milliarde Euro erhöht wird, wächst der Schuldenberg Niedersachsens jetzt wieder – um 48,06 Euro je Sekunde. Vermöhlen warf den Gegnern der Schuldenbremse „Falschaussagen“ vor. Die Behauptung, dass das seit 2020 geltende Kreditaufnahmeverbot Investitionen verhindere, stimme einfach nicht. Jahrzehntelang vor 2020 sei eine Kreditaufnahme für Investitionen ungebremst erlaubt gewesen – aber die Politik habe es trotzdem versäumt, zu investieren. Kredite seien vielmehr vor allem in Personalwachstum geflossen. Der CDU-Finanzpolitiker Ulf Thiele sagte, echte Investitionen seien Ausgaben, die etwa in neue Straßen fließen. Reparaturen zählten nicht dazu. FDP-Generalsekretärin Imke Haake teilte mit, die Landesregierung versündige sich an den künftigen Generationen, da sie sich nicht um Einsparungen bemühe.