12. Juni 2018 · Wirtschaft

Der zweite Anlauf: Land entwickelt neue Kriterien für den Betrieb von Spielhallen

Die unendliche Geschichte über die Zukunft der Spielhallen in den Kommunen geht weiter. Wie der Rundblick aus Landtagskreisen erfahren hat, wird das Wirtschaftsministerium demnächst den Entwurf eines Gesetzes zu den Kriterien für die Standortentscheidung vorlegen. Dabei soll es wohl im Prinzip bei dem umstrittenen „Losverfahren“ bleiben – allerdings angereichert um einige sachliche Kriterien bei der Auswahl. Dies war von mehreren Verwaltungsgerichten verlangt worden. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte im vergangenen September das bis dahin per Verordnung angewandte und schlichte Losverfahren gekippt und eine gesetzliche Grundlage angemahnt. Diese soll nun demnächst vorgelegt werden, heißt es. Das Wirtschaftsministerium teilt auf Anfrage mit, im August sollten die Verbände zu dem Vorschlag um ihre Meinung gefragt werden, bis Jahresende werde ein Parlamentsbeschluss erwartet. Der Streit hat eine lange Vorgeschichte. 2012 trat der neue Glücksspiel-Staatsvertrag in Kraft, dieser sieht strengere Regeln bei der Genehmigung von Spielhallen vor. Nach einer fünfjährigen Übergangsfrist, also zum 1. Juli 2017, sollten die Vorschriften in allen Kommunen umgesetzt werden. Das betrifft das Verbot von Mehrfach-Spielhallen in einem riesigen Gebäudekomplex. Diese sind ohne Absperrwände künftig nicht mehr statthaft, vielerorts haben die Betreiber schon aufgegeben. Besonderer Streitpunkt aber ist der Betrieb von Spielhallen in den Gemeinden und Städten. Der Staatsvertrag sieht vor, dass in einem Radius von 100 Metern jeweils nur eine solche Spielhalle bestehen bleiben darf. Daraus hatte das Wirtschaftsministerium im vergangenen Jahr abgeleitet, dass ein Losverfahren entscheiden soll, welche Spielhalle in solchen Fällen bestehen bleiben kann und welche schließen muss. Damals kursierte die Zahl von 450 der landesweit 1900 Spielhallen, die wegen des Glücksspiel-Staatsvertrages von der Schließung bedroht sind. Betreiber gingen gerichtlich dagegen vor und erzielten einen Erfolg – mit dem Spruch des OVG von September 2017 war die Schließung etlicher Spielhallen zunächst vom Tisch.
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Der neue Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium, jetzt als Gesetz formuliert, soll nach Rundblick-Informationen differenzierter an das Problem herangehen. Von einer notwendigen „Auswahlentscheidung“ soll die Rede sein, wobei das Wort „Los“ nicht direkt erwähnt wird. Zunächst dürften auch sachliche Kriterien eine Rolle spielen: Wenn von zwei Spielhallen eine weiter betrieben werden darf, dann soll zunächst die bleiben, die auf Geldspielgeräte verzichtet. Tun das beide nicht, so soll die bleiben, die ein Rauchverbot verhängt. Tun das auch beide, so soll die bleiben, die am weitesten von einer Schule entfernt liegt – und wenn das für beide gleichrangig gilt, so soll die bleiben, die am weitesten von einer Gaststätte entfernt ist. Die Erlaubnisse sollen offenbar bis 2030 befristet werden – und die Genehmigung für bereits gebilligte Spielhallen soll wiederholt werden, wenn mindestens ein konkurrierender Betreiber dies beantragt. Erlaubnisse auf der Basis von fehlerhaften Auswahlentscheidungen sollen offenbar bis zum Ablauf der damals erteilten Befristung bestehen bleiben können. Überlegt wird noch eine Zusatzregel: Bis zu zwei Spielhallen, die innerhalb des 100-Meter-Radius liegen oder in einem Gebäudekomplex liegen, sollen auf Antrag bis 2021 weiter betrieben werden können – wenn sie schon 2012 (also vor Inkrafttreten des Glücksspiel-Staatsvertrages) bestanden hatten. Erwogen wird, dass Spielhallen nicht „Casino“ oder „Spielbank“ heißen dürfen – und Geldautomaten sollen dort nicht installiert werden dürfen. Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, Minister Bernd Althusmann halte eine Sperrdatei für Menschen, die der Spielsucht anheim fallen können, „für unbedingt sinnvoll“. Vorzuziehen sei aber eine bundesweit betriebene und auf viele Spielarten angewandte Sperrdatei. Da diese schwer zu erreichen sei, wolle man eine Landes-Datei aufbauen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #110.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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