Worauf sich die Große Koalition in Niedersachsen im vergangenen Jahr nach längerem Ringen verständigen konnte, wird in Berlin von einer übergroßen Mehrheit abgelehnt: die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht. Am Mittwoch hat der Petitionsausschuss des Bundestags eine entsprechende Eingabe des Betreibers eines Pferdehofs aus Niedersachsen negativ beschieden. Die Abgeordneten von SPD, Grünen, FDP und Linken stimmten gegen eine Weitergabe des Anliegens an die Ampel-Regierungskoalition, die Parlamentarier von CDU und AfD hatten dafür gestimmt.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Frank Schmädeke wirbt dafür, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. | Foto: CDU, Canva, hkuchera

Das Anliegen des Petenten war es, den Abschuss von Wölfen bundeseinheitlich zu vereinfachen. Zu diesem Zweck sollten der Wolf und dessen Hybride ins Jagdrecht aufgenommen und der sofortige Abschuss auffälliger Wölfe erlaubt werden. Die Mehrheit des Petitionsausschusses sah jedoch keinen Handlungsbedarf, um die weitere Ausbreitung des Wolfes in Deutschland zu verhindern, und lehnte das Ansinnen mit der Begründung ab, dass diesem bereits „teilweise entsprochen worden ist.“

Im Ausschuss argumentierten die Abgeordneten der Unionsfraktion nach Angaben der Pressestelle des Bundestags vor allem mit der Funktion, die Schafe für die Sicherung von Deichen übernähmen. Würden sich die Schafhalter nun aufgrund der zunehmenden Wolfsrisse zurückziehen, bedeutete dies ein Problem für den Küstenschutz. Außerdem vertraten sie die Position, dass der Schutzstatus der Wölfe aufgrund der inzwischen deutlich erholten Population nicht mehr notwendig sei. Vertreter der Grünen entgegneten jedoch, dass Wolfsabschüsse inzwischen längst möglich seien – wie erst kürzlich wieder durch den Abschuss einer Wölfin in Niedersachsen belegt worden sei.

Votum aus Berlin sorgt für Ärger in Niedersachsen

Frank Schmädeke | Foto: CDU

In Niedersachsen sorgt das Votum aus Berlin derweil für Unmut. Frank Schmädeke, Umwelt- und Agrarpolitiker der CDU-Landtagsfraktion, erklärte am Mittwoch als Reaktion auf die Entscheidung des Petitionsausschusses: „Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht ist ein wichtiges Signal für die Weidetierhalter nicht nur in Niedersachsen.“ Der Wolf habe sich in der niedersächsischen Kulturlandschaft bereits exponentiell ausgebreitet, erklärte der CDU-Politiker und meint, dass dadurch wichtige landwirtschaftliche und ökologische Bereiche der Schäferei existenziell gefährdet seien. Neben dem Deichschutz verweist Schmädeke auch auf die für Niedersachsen besonders typische Pferdezucht, die bei einer wachsenden Wolfspopulation bedroht werde. „Um weiteren Schaden abzuwenden, muss der Wolf einem vernünftigen Management durch den Menschen zugeführt werden“, bilanziert die CDU-Fraktion. Angesichts der neuen Ampel-Koalition fürchtet Schmädeke einen schlechten Stand für die Belange Niedersachsens: „Es lässt für die nächsten Jahre nichts Gutes erwarten, wenn niedersächsische Interessen in der neuen Ampelkoalition so wenig berücksichtigt werden.“ Allerdings gab es auch unter der Großen Koalition in Berlin wenig Unterstützung für das niedersächsische Wolfsproblem. Zudem würde eine Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht wenig an den Hürden für einen Abschuss ändern – denn die Tiere sind über EU-Recht besonders geschützt und müssten zunächst auch in Deutschland mit einem ganzjährigen Schutzstatus versehen werden. In Niedersachsen steht die entsprechende Änderung des Jagdrechtes noch aus.

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Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) verweist derweil auf den Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, in dem es heißt, dass den Ländern „europarechtskonform ein regional differenziertes Bestandsmanagement“ ermöglicht werden soll. Gegenüber dem Politikjournal Rundblick erklärte Lies: „Wir müssen rechtlich endlich dahin kommen, dass wir die Lage regional differenziert bewerten können. Denn wir müssen in Regionen, in denen die Konflikte groß sind, flexibler, schneller und auch konsequenter handeln können, als in Regionen, in denen es keine Konflikte gibt. Hier gibt der Koalitionsvertrag der Ampel in Berlin vielversprechende Ansätze, denn die Lösungen liegen im Bundes- und Europarecht.“

Schafhalter fordern: Deutschland soll Beispiel der Nachbarn folgen

Auch unter den Schafhaltern sorgt das Berliner Votum für Kritik. Wendelin Schmücker, Vorsitzender des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung, mahnte erneut ein „wirkliches aktives Wolfsmanagement“ an. Nur mit Herdenschutzzäunen und -hunden allein sei eine Koexistenz zwischen Weidetierhaltern und Wölfen nicht zu sichern, erklärte er.

Schafhalter Wendelin Schmücker kann die deutsche Wolfspolitik nicht nachvollziehen. | Foto: Landvolk Niedersachsen

Dabei verweist er auf Beispiele aus anderen europäischen Ländern, in denen anders mit dem Wolf umgegangen wird als hierzulande: „Alle Spielräume des europäischen Naturschutzrechts, die Länder wie Frankreich, Schweden und Finnland nutzen, um eine Schutzjagd zum Schutz der Weidetiere durchzuführen, müssen auch in Deutschland genutzt werden“, fordert Schmücker.