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"Ein wütendes Ja", ruft der SPD-Abgeordnete Michael Höntsch
Manche sagen das „ja“ so leise, dass man es kaum versteht, die FDP-Politiker Gabriele König und Horst Kortlang etwa, auch Susanne Menge von den Grünen, die noch ein zweites Mal aufgerufen werden muss. Ihre Fraktionskollegen Filiz Polat und Heiner Scholing sind auch kaum zu vernehmen, sie flüstern ihre Entscheidung. Und dann gibt es noch drei Abgeordnete, die nicht wieder antreten und nun doch schon deutlich ihr Missfallen ausdrücken. Michael Höntsch, ein leidenschaftlicher, bei der Wahlkreisaufstellung in Hannover aber unterlegener SPD-Politiker, sagt mit kräftiger, lauter Stimme: „ein wütendes Ja“, Ingrid Klopp (CDU) aus Gifhorn, die sich aus der Politik zurückzieht, ruft „Leider ja“. Später sagt sie, die Auflösung geschehe „zu kurzfristig“ und man hätte den Übergang zur nächsten Wahlperiode „mit mehr Sorgfalt und Transparenz“ regeln sollen. Noch weiter geht die Delmenhorster CDU-Abgeordnete Annette Schwarz, die als einzige an diesem Tag „Nein“ sagt – und damit, ähnlich und nicht ganz so spektakulär wie Elke Twesten, Landesgeschichte schreibt. Am Ende das Resultat: 135 sind für die Auflösung, eine ist dagegen. „Die Auflösung ist beschlossen“, sagt Landtagspräsident Busemann gegen 11.30 Uhr. Nun herrscht einen Moment absolute Stille, wie bei einer Trauerfeier. Die Sitzung wird geschlossen.Einigen fällt das schnelle Ende nicht leicht
Kurz darauf wird Annette Schwarz umringt. Was hat die CDU-Frau, die vor fast 20 Jahren zum ersten Mal in den Landtag kam, dazu bewogen? Sie tritt nicht wieder an, wollte also mit der Politik aufhören. Den Antrag auf Auflösung hat sie dann auch unterschrieben, aber später, meint sie, seien ihr Bedenken gekommen. Ob das der richtige Weg ist? Hätte nicht die CDU mit der FDP einen neuen Ministerpräsidenten wählen und die Landtagswahl beim ursprünglich geplanten 14. Januar belassen sollen? „Nein, die finanziellen Einbußen sind es nicht“, betont sie. Aber sie hätte über die richtige Strategie gern noch länger nachgedacht. Nun kommt das Ende des Landtags auch für sie sehr schnell, fast plötzlich. „Manche, die lange dabei sind und jetzt aufhören wollen, stellen auf einmal fest: Nun ist es schon am Ende. Das fällt einigen nicht leicht“, meint Landtagspräsident Bernd Busemann. Den Abgeordneten, die nicht mehr wiederkehren, gehen drei Monatsdiäten verloren, außerdem haben einige Einbußen bei der Berechnung ihrer Versorgungsansprüche. Nichts dramatisches, aber dazu kommt die Erkenntnis, dass die Zeit im Landtag, dem „hohen Haus“, nun mal vorüber ist.Einen Moment lang herrscht absolute Stille, wie bei einer Trauerfeier. Die Sitzung wird geschlossen.
Nicht mal eine Stunde dauert die Sitzung, dann ist der Saal leer und nichts erinnert mehr an das Historische, das diesen Tag hier ausgemacht hat. Auch Annette Schwarz ist gegangen, sie wird nun noch auf viele Medienanfragen reagieren müssen. Der Landtag hingegen macht erst einmal weiter, diese Woche tagen viele Ausschüsse, am 19. September gibt es auch die nächste Plenarssitzung, in der einige Gesetze beschlossen werden sollen.
Was dann geschehen wird, zeichnet sich allmählich ab: Zur Neuwahl am 15. Oktober wird der gerade fertiggestellte neue Plenarsaal wohl noch nicht genutzt werden können, die Landtagsverwaltung sucht nach einem Ausweichquartier. Am 27. Oktober dann, also zwölf Tage nach der Landtagswahl, wird das sanierte Landtagsgebäude eingeweiht, vermutlich kommt als Ehrengast der Bundespräsident. Viel spricht dafür, dass dann noch der alte Landtag amtiert und auch noch keine neue Regierung gebildet worden ist.
Für die erste Sitzung in der neuen, 18. Wahlperiode wird Dienstag, der 14. November, angepeilt. Dann wird ein neuer Landtagspräsident gewählt, vielleicht auch schon der neue Ministerpräsident, der auch der alte sein könnte. Bis dahin, so viel steht fest, bleibt der alte Landtag handlungsfähig – trotz seiner Auflösung. (kw)