Das werden die wichtigen Verkehrsprojekte bis 2022
Was ist in zentralen Politikfeldern in der nächsten Legislaturperiode zu erwarten? Wo geht es voran, wo droht es zu stocken? In einer neuen Serie befasst sich das Politikjournal Rundblick mit den Aussichten bis zum Jahr 2022. Im ersten Teil geht es heute um zentrale Projekte der Verkehrspolitik.
Straße: Was macht Berlin?
Es geht um 161 Kilometer bei der A20 und um 106 Kilometer bei der A39. Sicher ist, dass mit dem Bau in der kommenden Legislaturperiode begonnen wird, bei der A20 ist das Jahr 2021 anvisiert. Derzeit gibt es zum Beispiel noch Konflikte um die Baukosten. Der Bund geht für beide Projekte von mehr als 3,6 Milliarden Euro aus. Läuft beim Bau alles problemlos, könnten beide Projekte in der übernächsten Legislaturperiode fertig sein, hoffen Experten.
Ein wichtiger Faktor beim Straßenbau dürfte in den kommenden Jahren sein, wie der Wechsel der Landesbehörden für Straßenbau und Verkehr in die neue Bundesinfrastrukturgesellschaft verläuft. Bis zum nächsten Jahr verhandeln Bund und Länder über die Details. Ob dadurch am Ende wirklich Autobahnen und auch Bundesstraßen schneller geplant und gebaut werden, lässt sich bisher nicht absehen, zumal die neue Behörde mit sehr unterschiedlichen Personalständen in den einzelnen Bundesländern an den Start gehen wird. Gerade bei den Bundesstraßen ist unklar, wie sich die Gespräche mit betroffenen Kommunen bei Baumaßnahmen entwickeln, wenn der Gesprächspartner nicht mehr in Hannover, sondern in der Bundeshauptstadt sitzt. Der Weg zu Kompromissbereitschaft und Konsens könnte mit Berliner Gesprächspartner länger werden.
Schiene: Landespolitik muss sich einschalten
Über die Friesenbrücke ist in den vergangenen Monaten viel berichtet worden. Die Landesregierung hat sich aktiv in die Gespräche eingebracht. Ihr Neubau wird in der kommenden Legislaturperiode dennoch nicht beendet werden können – mit oder ohne Unterstützung des Landes. Damit richtet sich der Blick auf eine andere Problem-Brücke, der sich die Landespolitik nach der Wahl dringend annehmen müsste: die Decatur-Brücke in der Gemeinde Seevetal. Sie ist ein Sanierungsfall. Ende Dezember war sie komplett gesperrt worden, nach einem Gerichtsurteil darf die Bahn eine Hälfte der Brücke wieder nutzen. Für die Bahn ist die Brücke elementar, denn sie ist eine wichtige Verbindung zum größten Rangierbahnhof Europas in Maschen.
Das Problem: Die Baulast liegt bei der Gemeinde Seevetal und die kann sich eine Sanierung der Brücke schlicht nicht leisten, einen Neubau erst recht nicht. Denn der würde vermutlich mindestens 35 Millionen Euro kosten. Das Land sieht dringenden Regelungsbedarf. „Um die dringend notwendige Baumaßnahme zu fördern ist das Land bereit, unterstützend tätig zu werden“, heißt es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage. Derzeit schieben sich die Beteiligten den schwarzen Peter zu. Die Gemeinde Seevetal sieht nach dem letzten Gerichtsurteil nicht mehr sich, sondern die Bahn in der Haftung. Die Bahn wiederum verweist auf die Verantwortung der Gemeinde. Die Bahn kontrolliert den Zustand der Brücke, die Gemeinde fühlt sich von den Bahnmanagern über den Tisch gezogen. Nach Bundes- und Landtagswahl kommen Bund, Land, Gemeinde und Bahn nicht darum herum, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen.
Bei der geplanten Alpha-E-Trasse, Nachfolger der verworfenen Y-Trasse, wird es in den kommenden Jahren zunächst einmal auf der Strecke zwischen Rotenburg und Verden interessant. Die Vorplanung für das zweite Gleis soll bis März kommenden Jahres abgeschlossen sein. Wann aber alles fertig sein wird, lässt sich nur schwer abschätzen. Für die Strecke zwischen Rotenburg und Verden werden bis zum Jahr 2018 zwei Planungsvarianten für den Lärmschutz erarbeitet. Die eine Variante bildet die aktuellen gesetzlichen Vorgaben ab, die andere die Forderungen der Bürgerinitiativen und betroffenen Kommunen.
Mit dem sogenannten Dialogforum wollte die Politik eine größere Akzeptanz für die Baumaßnahmen erreichen. Eine „konfliktarme Trasse“ ist aber auch mit Dialogforum in weiter Ferne, Zeitverzögerungen inklusive. Das zeigt: Auch wenn man sich die größte Mühe gibt, lassen sich die unterschiedlichen Interessen bei Bauplanungen nicht immer ganz ausräumen. Es ist immer wieder mit Protesten zu rechnen, die das Verfahren aufhalten.
Wasserwege: Das Land muss dem Bund auf die Finger schauen
Die Schleuse Lüneburg-Scharnebeck soll mit einer Länge von 225 Metern und einer Breite von 12,50 Meter ausgebaut werden. Anfang August traf sich die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung mit Vertretern der Region, Hamburgs und des Wirtschaftsministeriums. Bei den Zeitplänen hielt man sich angesichts des hochkomplexen Projekts zurück, immerhin soll die Schleuse mit der größten jemals gebauten Hubhöhe entstehen. Allerdings hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt einst einen ersten Spatenstich im Jahr 2021 für möglich gehalten. Die neue Landesregierung wird dem Bund in den kommenden Jahren auf die Finger schauen müssen, damit sich die möglichen Verzögerungen in Grenzen halten. Das Projekt ist eine enorme Herausforderung für Ingenieure und damit entsprechend kostenintensiv. Im besten Fall könnte es im Jahr 2028 fertig gestellt sein.
Ein anderer Blick wird sich auf die Mittelweser richten. Der Bund will derzeit darauf verzichten, Ufer zu begradigen, sondern nur Ufer zurückverlegen und Warteplätze schaffen. Die Landespolitik befürchtet dagegen, dass Schiffe mit Schüttgütern dadurch Probleme bekommen und Verkehr vom Wasser auf die Straße verlagert wird. Allein die Kies- und Sandtransporte auf der Mittelweser machen ein Transportvolumen von etwa zwei Millionen Tonnen aus. Mit einem Ausbau könnte die Mittelweser Experten zufolge nicht nur für den Transport von mehr Schüttgütern wie Sand oder Kies, sondern auch für den Containerverkehr genutzt werden. (MB.)