Die frühere Moschee des verbotenen Deutschsprachigen Islamkreises (DIK) in Hildesheim könnte das neue Zuhause für einen gemeinnützigen Verein werden. Die beschlagnahmten Räume des im März verbotenen DIK müssen laut Vereinsrecht für gemeinnützige Zwecke verwendet werden – damit kann das Land Niedersachsen die Immobilie nicht, wie ursprünglich geplant war, verkaufen. Wer die Räume künftig bezieht, ist noch völlig offen. Unterdessen arbeitet die Caritas in Hildesheim an der Einrichtung einer neuen Präventionsstelle gegen Radikalisierung und Demokratiefeindlichkeit. Das Land fördert die Pläne.

So sieht es im Inneren der ehemaligen Moschee aus – Foto: Karina Scholz

Die Schaufenster der früheren Moschee im Erdgeschoss des Wohn- und Geschäftshauses in der Hildesheimer Nordstadt sind mittlerweile unverkleidet. Wo früher orientalische Türme aus grüner Folie angebracht waren, können Passanten nun durch die Fenster schauen und zurückgelassene Möbelreste und Kaftane an den Garderobe sehen. Teppichboden, Ventilatoren an den Wänden und ein Handy-Verbotsschild lassen noch erahnen, dass hier einst Versammlungen stattgefunden haben. An den Türen kleben noch Reste der Polizeisiegel.

Die Polizeidirektion Göttingen ist seit der Beschlagnahmung für die Räume zuständig. Auf einen großen Erfahrungsschatz beim Management beschlagnahmter Räume können die Beamten nicht zurückgreifen, denn in dem 13-jährigen Bestehen der Polizeidirektion gibt es solch einen Fall zum ersten Mal, wie eine Sprecherin auf Anfrage des Politikjournals Rundblick bestätigte. Aktuell laufe eine Abstimmung mit dem Innenministerium. Details dazu werden nicht öffentlich gemacht.

Von außen unscheinbar: Die frühere Moschee des verbotenen Deutschsprachigen Islamkreises in der  Hildesheimer Nordstadt – Foto: Karina Scholz

Fest steht, dass die ehemalige Moschee mit der Beschlagnahmung in das Eigentum des Landes Niedersachsen übergegangen ist. Ein Verkauf der Räumlichkeiten durch den Landesliegenschaftsfonds war zunächst vorgesehen, konnte aber wegen eines drohenden Verstoßes gegen das Vereinsrecht, das die gemeinnützige Verwendung vorschreibt, nicht umgesetzt werden. Vor dem Verbot des Islamkreises war Hildesheim ein Hotspot radikaler Islamisten in Niedersachsen und auch in Deutschland.

So war etwa der prominente Kopf der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), der Hassprediger Abu Walaa, dort aktiv. Er muss sich derzeit vor dem Oberlandesgericht Celle verantworten. Nach Auffassung der Bundesanwaltschaft war der Iraker die zentrale Führungsfigur des IS in Deutschland. Durch sein Wirken in Hildesheim soll er Dutzende Menschen zur Ausreise in Krisengebiete und zur Aufnahme des Dschihad, des „heiligen Krieges“, motiviert haben. Mit ihm angeklagt sind vier weitere IS-Unterstützer.

Stadt Hildesheim hat „konkrete Ideen und Überlegungen“

Auch der Berlin-Attentäter Anis Amri hatte Kontakt zur radikalen Hildesheimer Szene. Er gehörte zum Umfeld von Abu Walaa und war nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden mindestens zweimal in Hildesheim. Beobachter gehen davon aus, dass die radikalen Islamisten auch nach dem Verbot des DIK in Hildesheim vernetzt sind. Um der Radikalisierung junger Menschen künftig entgegen zu wirken, fördert Niedersachsen mit Mitteln des Landes-Demokratiezentrums eine neu einzurichtende Präventionsstelle gegen Radikalisierung und Demokratiefeindlichkeit in Hildesheim. Träger ist der Caritasverband für Stadt und Landkreis Hildesheim.

Die Räume der früheren Moschee für die Service- und Beratungsstelle zu nutzen, kam für den Verband allerdings „zu keinem Zeitpunkt in Frage“, wie ein Sprecher auf Rundblick-Anfrage sagte. Derzeit läuft die Suche nach geeigneten Räumen auf Hochtouren, ursprünglich sollte die Präventionsstelle „im Herbst“ bereits ihre Arbeit aufnehmen. Die Stadt Hildesheim hat ihrerseits „konkrete Ideen und Überlegungen“ zur Nachnutzung der früheren Moschee. Die Verantwortlichen wollen ihre Pläne dem Land präsentieren, „sobald wir wissen, ob und mit welcher Maßgabe die Liegenschaft genutzt werden kann“, sagte ein Sprecher der Stadt.