
"Die Pflege darf nicht von der übrigen Wirtschaft abgehängt werden"
"Wenn frei ist, dann muss auch frei sein": Franz Loth, Caritas-Direktor in der Diözese Osnabrück, mahnt im Rundblick-Podcast faire Arbeitsbedingungen in der Pflege an. Außerdem hat er eine klare Meinung zur überbordenden Bürokratie in der Pflege. "Die Bürokratie ist ein weiterer Beitrag zur Demotivation der Pflegekräfte", sagt Loth im Gespräch mit Martin Brüning. https://soundcloud.com/user-59368422/caritas-chef-die-pflege-darf-nicht-von-der-ubrigen-wirtschaft-abgehangt-werden Podcast hier auf spotify oder auf Apple Podcasts hören.Der CDA-Landesvorsitzende räumt ein, dass die Assistenten als nicht examinierte Pflegekräfte bei den Berufsverbänden umstritten seien. Und in der Tat schauen Gewerkschaften und Pflegekammer argwöhnisch auf die 50 Prozent-Quote für Pflegeeinrichtungen, die vorschreibt, dass jeder zweite Beschäftigte eine Fachkraft sein muss. Mit der Quote soll unterbunden werden, dass Heime und Pflegedienste die Personallücken nur noch mit günstigeren Pflegehelfern auffüllen. Die Pflegekammer befürchtet allerdings, dass das Land die Quote mit einer Verordnung durch die Hintertür aufweicht. Durch die Anrechnung von Sozialarbeitern oder Physiotherapeuten auf die Fachkraftquote steige der Anteil der Fachkräfte auf dem Papier, wodurch mehr Pflegeassistenten eingestellt werden könnten. Eine Logopädin sei aber nun einmal keine Pflegefachkraft, heißt es bei der Kammer, für die in der Pflege ein Mindestmaß an vollständig ausgebildeten Fachpersonen nötig ist.
Für die AfD gehört der Pflegeschlüssel auf den Prüfstand
Aber wie sinnvoll ist die starre 50 Prozent-Quote eigentlich noch? Der AfD-Sozialpolitiker Stephan Bothe ruft im Rundblick-Gespräch dazu auf, den Pflegeschlüssel auf den Prüfstand zu stellen. „Je mehr Helfer eingestellt werden, desto mehr Fachpersonal muss eingestellt werden, was auf dem Arbeitsmarkt jedoch nicht zu bekommen ist.“ Seiner Meinung nach sollte der Bedarf an Pflegepersonal pro Patient beziehungsweise Bewohner überhaupt erst einmal fachgerecht ermittelt werden. „Die aktuellen Pflegeschlüssel sind willkürlich festgelegt und mit keinerlei pflegewissenschaftlicher Expertise unterlegt“, meint Bothe. https://www.youtube.com/watch?v=jbTvt3v_plE&t=6s Der Pflegefachbedarf müsse erst einmal wissenschaftlich festgestellt werden, um daraus dann eine gesetzliche Untergrenze von Pflegefachpersonal abzuleiten. Bothe hält Verbesserungen in der Pflegequalität für möglich, wenn pflegefremde Tätigkeiten dauerhaft und konsequent von Helfern übernommen werden und die Fachkräfte dadurch mehr Zeit für die Patienten gewönnen.
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Für ihn ist diese Frage „hochgradig eine Politikum“. Man müsse die Pflege als Gesamtkomplex sehen, wenn man über allgemeinverbindliche Tarifverträge spreche. „Menschen sollten gleichwertig und gleichberechtigt behandelt werden.“ Auch der CDA-Vorsitzende Max Matthiesen meint, es sei wichtig, dass der Tarifvertrag Soziales nun endlich auch einmal komme. Die faire Bezahlung sei ein wichtiger Punkt, bessere Bedingungen im Arbeitsalltag aber seien mindestens genauso wichtig.