Das Aus für die Nord/LB wäre für das Land wohl die günstigste Lösung
Die Aufregung in der Landesregierung ist groß, gestern haben Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) als Aufsichtsratschef und Nord/LB-Vorstand Thomas Bürkle im Landtags-Haushaltsausschuss zu den Details der Verhandlungen zur Zukunft der Landesbank berichtet – allerdings strikt vertraulich. Bis zum Wochenende, heißt es, sollen die Würfel fallen. Eine Sondersitzung des Landtags bis spätestens Mitte Februar gilt als wahrscheinlich. Die Richtung ist ungewisser denn je. „Die Zahlen und Modelle ändern sich stündlich“, heißt es. Drei mögliche Lösungen zeichnen sich augenblicklich ab:
1. Das bisherige Modell der US-Finanzinvestoren
Cerberus und Centerbridge haben angeboten, 550 Millionen Euro in die Landesbank einzubringen und dafür knapp 50 Prozent der Anteile zu erhalten. Im Gegenzug wollen sie die faulen Schiffskredite erwerben und berechnen dafür eine Abschreibung von 2,5 Milliarden Euro. In etwa ähnlicher Höhe solle das Land Niedersachsen die Pensionsverpflichtungen für frühere Mitarbeiter der Nord/LB übernehmen, teilweise noch aus Zeiten, in denen die Beschäftigten dort beamtenähnlichen Charakter hatten. Zudem, heißt es, solle bei bestimmten Kreditgeschäften das Land noch Garantien erklären – also bürgen für den Fall eines Kreditausfalls. Schließlich wird vorgeschlagen, die Braunschweiger Landessparkasse (BLSK) und das Sparkassen-Verbundgeschäft aus der Nord/LB herauszulösen und für 850 Millionen Euro an die Sparkassenfamilie zu verkaufen.
Damit bieten Cerberus und Centerbridge für den hälftigen Anteil an der Bank, die in der letzten Bilanz noch 6,2 Milliarden Eigenkapital ausgewiesen hatte, lediglich 550 Millionen Euro. In Haushaltsausschuss sollen Abgeordnete dieses Angebot daher als „unannehmbar“ dargestellt haben. Das gilt noch aus einem speziellen Grund: Das Land Niedersachsen will für seinen neuen Finanzbeitrag zur Nord/LB eine neue Beteiligungsgesellschaft gründen. Wenn diese aber die Nord/LB-Pensionslasten abtragen müsste, dann kämen dabei jährliche Belastungen von 70 bis 80 Millionen Euro heraus. Das Land darf aber laut EU-Beihilferecht nur dann in die Nord/LB investieren, wenn diese Investition rentabel ist – die Geschäfte müssten also so super laufen, dass trotz der Pensionslasten ein satter Überschuss erwirtschaftet wird. Das aber wird allgemein als wenig realistisch eingeschätzt und ginge wohl nur bei einer drastischen Verschärfung des Personalabbaus bei der Nord/LB, gegen den es in der Politik starke Widerstände gibt.
Wenn es am Ende zu einer öffentlich-rechtlichen Lösung kommen sollte, dann muss unbedingt fest vereinbart werden, dass die Landesbanken konsolidiert werden.
2. Das neue Landesbanken- und Sparkassen-Modell:
Heute will der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) ein Angebot entwickeln. Auch dort dürfte, wie beim Konzept der US-Investoren, eine Schrumpfung der Nord/LB vorgeschlagen werden. Ein Insider sagt, es sei gar nicht mal klar, dass der angepeilte Personalabbau im öffentlich-rechtlichen Modell geringer sein würde als bei dem der US-Investoren. Bisher, hört man, würden Sparkassen und Landesbanken zusammen bis zu 1,2 Milliarden Euro aufbringen für die Bank, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sollten zusammen bis zu 2 Milliarden Euro stemmen. Mit der Gesamtsumme müssten die Abschreibungen für Schiffskredite, die die US-Investoren in ihrem Vorschlag herausgerechnet hatten, bewältigt werden.
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Dass es zu einem eigenen Angebot kommt, ist zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher. Denn der Reiz ist zugleich der Fluch. Das wäre ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Fusion aller Landesbanken – doch dagegen stemmen sich beispielsweise die Südwestdeutschen, denn in der Super-Landesbank würde etwa die Stadt Stuttgart, die derzeit in der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) eine Sperrminorität hat, ihren Einfluss verlieren. Einige Akteure bei den Sparkassen gehen daher davon aus, dass man womöglich am Ende auf Cerberus und Centerbridge wird zurückgreifen müssen – dann aber mit klaren Abgrenzungsregeln: Die US-Investoren sollen als Miteigentümer der Nord/LB um keinen Preis in die Interna des öffentlich-rechtlichen Landesbanken-Haftungsfonds Einblick nehmen dürfen, heißt es von Vertretern der Sparkassenseite.
3. Die Abwicklung der Nord/LB:
Scheitern die Verkaufsgespräche, so dürfte die EU-Bankenaufsicht die Abwicklung der Bank anordnen. Zunächst würde der öffentlich-rechtliche Haftungsverbund der Sparkassen und Landesbanken gefragt werden, ob er einspringt und die Bank übernimmt – für schätzungsweise eine Summe zwischen 3 und 5 Milliarden Euro. Dass dieser sich weigert, ist nicht wirklich wahrscheinlich, denn das käme einer Bankrotterklärung der öffentlich-rechtlichen Banken gleich. Das Land Niedersachsen wäre, obgleich größter Eigentümer der Nord/LB, wohl erst nachrangig als Retter gefragt. Das heißt also: Die „Abwicklung“ würde sich für das Land Niedersachsen im Fall der Fälle als deutlich günstigere und risikoärmere Variante herausstellen. Die Sparkassenfamilie in Deutschland müsste die Rettung finanzieren, was für kleinere Sparkassen ein Kraftakt wäre. Wohl deshalb beeilen sich Vertreter der SPD/CDU-Koalition stets und ständig mit Beteuerungen, diese Abwicklung auf keinen Fall riskieren zu wollen.
Der FDP-Politiker Christian Grascha sagte gestern: „Wenn es am Ende zu einer öffentlich-rechtlichen Lösung kommen sollte, dann muss unbedingt fest vereinbart werden, dass die Landesbanken konsolidiert werden.“ Es dürfe nicht wieder passieren, dass das Land Geld in die Nord/LB steckt und in einigen Jahren wieder große Probleme entstehen. Stefan Wenzel (Grüne) erklärte: „Alle Optionen müssen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht werden – und der Landtag muss zwingend beteiligt werden.“