28. Apr. 2024 · 
Wirtschaft

Cuxhaven steuert um: Riesige Flächen entstehen für Windkraft-Verschiffung

Früher stand Cuxhaven für den Fischhandel. Im Fischereihafen stehen heute noch die großen Hallen der alten Fischfabriken, große Kühlhallen und eine lange Zeile an Fischgeschäften und Fischrestaurants. Doch reger Betrieb herrscht dort nicht vor, die große Zeit dieser Branche ist vorbei. Dafür blüht an anderer Stelle, vor den Toren der Stadtsiedlung, etwas neues auf: Die Firma Siemens hat sich hier niedergelassen und produziert Gondeln für Windräder, vor allem im Offshore-Bereich auf der Nordsee sollen sie verbaut werden.

Auf dem Foto ist die Position der geplanten Liegeplätze 5 bis 7 im Hafen von Cuxhaven markiert. | Foto: N-Ports

Die Planungen sind gigantisch, die Vorbereitungen für die nächsten Schritte aber kommen langsamer voran als erhofft. Im Hafen von Cuxhaven braucht Siemens noch drei weitere Liegeplätze, ohne die die in der Stadt hergestellten Anlagen nicht auf die hohe See gebracht werden können. 300 Millionen Euro sind für diese neuen Liegeplätze nötig – und da es eine Infrastruktur-Aufgabe ist, richten sich die Augen auf den Staat. Nun hat das Land Niedersachsen eine Zusage für 100 Millionen Euro schon gegeben, die Hafenwirtschaft will sich in ähnlicher Höhe beteiligen. Das letzte Drittel soll vom Bund kommen, doch monatelang wartete man vergeblich auf eine Zusage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Vor wenigen Wochen erst ist sie nun gekommen, und die Erleichterung ist groß. Der Bau kann beginnen, denn die Planungsunterlagen sind längst festgestellt. Wenn nichts geschehen wäre, hätte man 2025 die Planung wieder von vorn starten müssen.

Der Hafen von Cuxhaven soll aber nicht nur das Zentrum für den Offshore-Ausbau werden – ein Plan, der sich nur mit den neuen Liegeplätzen verwirklichen ließe. Gleichzeitig vertreibt die Firma Vestas ihre Windkraftanlagen für Onshore-Flächen von Cuxhaven aus, auch hierfür ist der Hafen enorm wichtig. Da können geringste Erschütterungen der Logistik die Pläne ins Wanken bringen. Ein solches Missgeschick bestand noch vor wenigen Wochen: Die Autobahn von Cuxhaven Richtung Süden war in Folge der nassen Witterung abgesackt. Somit konnten Schwerlasttransporte von Windkraftanlagen in den kommenden Wochen nicht laufen – die Anlagen stauten sich also in Cuxhaven.

Die SPD-Landtagsfraktion hat sich vor einigen Wochen die Industrieplanungen in Cuxhaven näher angeschaut. Vor 15 und 20 Jahren galt die Stadt als Sorgenkind, die touristischen Anlagen waren in die Jahre gekommen. Inzwischen gehen die Übernachtungszahlen wieder nach oben, die Bevölkerung wächst auch, der Charme der 70er Jahre, der manche Gebäude prägt, wird an anderen Stellen von Neubauten und gelungenen Sanierungen überdeckt. Dann kommt die Kraft aus der wirtschaftlichen Entwicklung. Siemens hat weitere Firmen angelockt, die rund um den Bau von Windkraftanlagen Zulieferdienste leisten. Da sehr schwere Teile bewegt werden müssen, liegen die Produktionsgebäude in direkter Nachbarschaft – und ebenso in der Nähe des Hafens. Neue Brücken, die Schwerlast-Teile aushalten, sind in Planung. Eine riesige Versiegelung von Flächen steht noch bevor, und die Stadtentwicklungsgesellschaft ist schon dabei, überall alte Bauernhöfe und Felder aufzukaufen – denn der Bedarf an Ausgleichsflächen für den Naturschutz ist ebenso enorm.

Gut ausgelastet: Auf den Hafenflächen in Cuxhaven sind die Komponenten für Windkraftanlagen On- und Offshore zu sehen. | Foto: N-Ports

Gleichzeitig üben sich einige Unternehmen in Innovation. Die Firma Entech etwa fährt mit ihren Booten täglich über das Wattenmeer, um die dortigen Inseln zu beliefern, auf denen der Bau von Offshore-Anlagen vonstatten geht. Nun hat die Firma eines ihrer Schiffe umgerüstet von Diesel- auf Wasserstoffantrieb. Ein Wasserstofftank ist dort so installiert worden, dass er für eine tägliche Tour reicht, das sind 200 Kilogramm Wasserstoff, mit denen das Schiff drei Stunden lang unterwegs sein kann. Das Wiederaufladen soll dann in wenigen Minuten geschehen. Dafür hat Entech eine eigene Elektrolyseur-Anlage in Cuxhaven gebaut, in der mit viel Strom und Wasser der Wasserstoff hergestellt und in gebrauchsfähige Form verwandelt werden kann. Damit sei das erste Schiff dieser Art mit reinem Wasserstoffantrieb hergestellt worden, verkündet Entech – gleichzeitig besteht die Hoffnung, dass dieses Pilotprojekt eine Initialzündung für mehr sein kann. Andere Firmen, die Wasserstoff nutzen wollen, könnten sich womöglich hier noch ansiedeln.

Dieser Artikel erschien am 29.4.2024 in Ausgabe #079.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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