Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat jetzt die Frage untersucht, wie möglichst gute Beziehungen zur Supermacht China gewährleistet werden können – im Sinne der deutschen Wirtschaft und unter Berücksichtigung der weltweiten Krisen. Dabei kommen die Forscher Andrea Frenzel, Nadine Godehardt, Stefan Pantekoek und David Schulze zu einem überraschenden Resultat: Angesichts der „Zeitenwende“ in der Außenpolitik kann es über kommunale und regionale Kontakte besonders gut gelingen, den Gesprächsfaden und die wirtschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten.

Dabei erwähnen die Autoren das sogenannte „China-Dilemma“ – nämlich die gerade von vielen Bundespolitikern gepflegte Distanzierung zu China, etwa wegen der Menschenrechtsverletzungen und der Bekämpfung der Opposition, die gleichzeitig mit der fortgesetzten Kooperation verknüpft wird. Immer wieder wird hier beispielsweise Volkswagen kritisiert, jüngst wegen des Vorwurfs, der niedersächsische Konzern unterhalte Beziehungen zu chinesischen Unternehmen, die Zwangsarbeiter einsetzen, etwa Menschen der Bevölkerungsgruppe der Uiguren, die von den Machthabern in Peking verfolgt werden.
Nun kommt die Friedrich-Ebert-Stiftung zu dem Schluss, dass es auf niedrigschwelliger Ebene, also zwischen den Regionen, leichter zu einer Pflege von guten Beziehungen kommen kann, da diese von den übergeordneten politischen Streitfragen und den Menschenrechtsfragen weniger beeinträchtigt wird. Dabei werden von der FES nun drei Regionen lobend hervorgehoben: der Großraum Düsseldorf-Duisburg, die Metropolregion Mitteldeutschland zwischen Magdeburg, Leipzig, Erfurt, Chemnitz und Dresden – sowie die Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg. Diese drei Wirtschaftsräume in Deutschland sieht die FES als Anknüpfungspunkt für eine China-Politik, die auf eine konstruktive Stärkung der Kooperation ausgerichtet sein soll.

Mit Blick auf die niedersächsische Metropolregion werden dabei mehrere Einrichtungen und Unternehmen erwähnt. Dazu zählen die Konfuzius-Institute in Göttingen und Hannover, deutsch-chinesische Bildungsvereine in Braunschweig und Wolfsburg, Schulaustauschprogramme mit chinesischen Schulen vor allem in Braunschweig, Gifhorn, Göttingen, Northeim, Peine und Wolfsburg und kommunale Partnerschaften. Bei diesen werden die Städte Braunschweig, Hannover, Peine und gleich viermal Wolfsburg erwähnt. Das landesweite Niedersachsen-Partnerschaftsabkommen mit der Provinz Anhui von 1984 und mit der Provinz Shandong 2010 kommen noch hinzu.
Aufgelistet werden auch Wirtschaftsnetzwerke des Arbeitgeberverbandes Braunschweig, der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung in Hannover, der Hannover-Messe und des „Vereins zur Förderung chinesischer Unternehmer in Niedersachsen“. Ergänzt wird die Darstellung noch mit einer Liste an Unternehmen aus Celle, Göttingen, Hannover, Harsum, Hildesheim, Laatzen, Langenhagen, Wolfenbüttel und Wolfsburg, die sich vor allem im Maschinenbau, im Fahrzeugbau und in Energiefragen engagieren.

Die FES-Studie verweist nun darauf, dass die Länder – und damit die Kommunen – eigene Zuständigkeiten in der Bildungs- und Kulturpolitik haben, das könne außenpolitische Kontakte erleichtern. Die Kommunikationskanäle nach China hätten trotz aller Widrigkeiten und Einschränkungen in den vergangenen Jahren sogar stabilisiert werden können. Bundesweit bestünden 80 Austausch- und Partnerschaftsabkommen zwischen deutschen und chinesischen Kommunen.
Dann heben die Autoren der FES-Untersuchung hervor: „Exemplarisch ist die Bedeutung Volkswagens für die Metropolregion um Hannover. Hier hat sich – begünstigt durch das China-Geschäft eines Konzerns und wissenschaftlichen Austausch – ein bedeutendes Cluster aus deutschen und chinesischen Zuliefer- und Partnerunternehmen gebildet.“ Für die Zukunft solle man die Netzwerkarbeit verstärken, mehr Sprachkompetenz fördern auch in der Wirtschaft, in den Rathäusern und in der Zivilgesellschaft. Unabhängige Informationsquellen sollten stärker genutzt werden, und die Kommunen sollten im Kontakt mit China ihre eigenen Interessen klarer formulieren.